Lothar Kreyssigs Gespräche im Reichsjustizministerium im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen „Euthanasie“-Aktion T4 im Jahr 1940: „Ich brachte dann die Sprache darauf, inwieweit eine solche Anordnung Recht schaffe oder Recht außer Kraft setze. Um meinem Entsetzen über die Auffassung, der ich begegnete, Ausdruck zu geben, wählte ich ein krasses Beispiel: wenn § 1 des bürgerlichen Gesetzbuches die Rechtsfähigkeit des Menschen feststellt, indem der Beginn beschrieben wird, so könnte der gegenwärtige Staat in seiner weltanschaulichen Ausrichtung darauf verfallen, auszusprechen, dass Juden nicht rechtsfähig seien. Dann wären sie Objekt der Rechtsordnung wie einstmals die Sklaven, wäre das rechtsverbindlich? Hier griff von Dohnanyi in das Gespräch ein und erklärte dies in verweisendem Ton als ein undiskutables Beispiel. Das nötigte mich zu der unverhohlenen Erklärung, dass ich die mir vorgelegte Weisung Hitlers, ihre Echtheit unterstellt, nicht als rechtsverbindlich ansehen könne. Der Minister erwiderte, wenn ich nicht anerkennen könne, daß der erklärte Wille des Führers Recht schaffe, so könne er mir in dieser Sache nichts weiteres erklären.“

Bericht über Begegnungen im Reichsjustizministerium im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen „Euthanasie“-Aktion T4 im Jahr 1940 Von Lothar Kreyssig Lothar Kreyssig … Mehr

Lothar Kreyssigs Schreiben an Reichsjustizminister Franz Gürtner wider die nationalsozialistische ‚Euthanasie‘-Aktion T4 (1940): „Die Frage nach dem Sinn solchen Lebens rührt an die tiefsten Daseinsfragen überhaupt. Sie führt unmittelbar auf die Frage nach Gott. So ist auch meine Stellung zu ihr und – denke ich – vieler anderer Deutscher und deutscher Richter durch meinen christlichen Glauben bestimmt. Von dort her ist die »Vernichtung lebensunwerten Lebens« überhaupt ein schwerer Gewissensanstoß. Leben ist ein Geheimnis Gottes. Sein Sinn ist weder im Blick auf das Einzelwesen noch in dessen Bezogenheit auf die völkische Gemeinschaft zu begreifen. Wahr und weiterhelfend ist nur, was Gott uns darüber sagt. Es ist darum eine ungeheuerliche Empörung und Anmaßung des Menschen, Leben beenden zu dürfen, weil er mit seiner beschränkten Vernunft es nicht oder nicht mehr als sinnvoll begreift. Ebenso wie das Vorhandensein solchen hinfälligen Lebens ist es eine von Gott gegebene Tatsache, dass es allewege genug Menschen gegeben hat, die fähig waren, solches Leben zu lieben und zu betreuen, wie denn rechte Liebe ihre Größe und den Abglanz ihrer göttlichen Herkunft gerade dort hat, wo sie nicht nach Sinn und Wert fragt.“

Schreiben des Vormundschaftsrichters Dr. Lothar Kreyssig wider die nationalsozialistische „Euthanasie“-Aktion T4 an Reichsjustizminister Franz Gürtner[1] Brandenburg/Havel, 8. Juli 1940 An … Mehr

Lothar Kreyssigs Aufruf zur Gründung der Aktion Sühnezeichen 1958: „Noch können wir der Selbstrechtfertigung, der Bitterkeit und dem Hass eine Kraft entgegensetzen, wenn wir selbst wirklich vergeben, Vergebung erbitten und diese Gesinnung praktizieren. Des zum Zeichen bitten wir die Völker, die Gewalt von uns erlitten haben, dass sie uns erlauben, mit unseren Händen und mit unseren Mitteln in ihrem Land etwas Gutes zu tun.“

Heute vor 125 Jahren wurde Lothar Kreyssig (1898-1986), der Initiator von Aktion Sühnezeichen geboren. Hier der Aufruf zur Gründung der … Mehr