Landgebot (Mandat) der Herzöge von Bayern gegen die Wiedertäufer vom 15. November 1527
Von Gottes Gnaden Wilhelm und Ludwig, Brüder, Pfalzgrafen bei Rhein, Herzöge in Ober- und Niederbayern.
Wir senden unseren Gruß und befehlen allen und jedem: unseren Vizedomen, Stadthaltern, Hauptleuten, Pflegern, Rentmeistern, Richtern, ferner allen Angehörigen der Landschaft und allen Ständen, Prälaten, Grafen, der Ritterschaft und dem Adel, unseren Städten und Märkten, Bürgermeistern, den Kammern, Räten, Bürgern, Gerichtsleuten, Gemeinden und allen anderen Untertanen unseres herzoglichen Landes, sowohl geistlichen als auch weltlichen Würdenträgern oder Ständen, unseren wohlwollenden Gruß und unsere Gnade voran.
Würdige und ehrsame, wohlgeborene, edle, verständige, vorsichtige, weise, liebe und treue Personen! Wie wohl wir — als christliche Fürsten — Gott, dem Allmächtigen, zum Lob und zur Erhaltung unseres wahren christlichen Glaubens dienen wollen, sowie der langgeübten ehrwürdigen Zeremonien, und auch zur Ehre der seliggesprochenen Mutter unseres Heilands Jesu Christi, aller heiligen und himmlischen Mächte: haben wir, aufgrund päpstlicher Heiligkeit und kaiserlicher Majestät, aufgrund von Edikt, Mandat und Beschluss auf dem Reichstag zu Worms — im einundzwanzigsten Jahr der Minderjährigen-Zählung (wie angegeben) — sowie in Fortsetzung der Reformation und Ordnung zu Regensburg im vierundzwanzigsten Jahr, beschlossen und verfügt, und in unserem Fürstentum euch allen und jedem durch unsere offenen, gedruckten Ausschreiben und Landgebote mit allem Fleiß und Ernst öffentlich bekanntgemacht, veröffentlicht und aufgetragen.
Damit ihr euch und eure Angehörigen vor der verführerischen, falschen Lehre und den ketzerischen Artikeln schützt — die im Heiligen Römischen Reich in den genannten Jahren durch verschiedene Irrlehren wieder aufgetaucht sind und dadurch die heiligen Sakramente verachtet wurden, durch verfälschte Auslegung verändert wurden, auch die Messfeier, die Beichte, das Fasten, die Enthaltung vom Fleischessen und viele anderen christlich-lobenswerte Ordnungen und Zeremonien, die Zierde und Heiligkeit der christlichen Kirchen sowie die Ehre Christi und seiner unerschütterlichen Jungfrau und aller Heiligen zu entehren drohten — damit dem Einhalt geboten werde.
Denn wie ihr wisst und gesehen habt, sind an vielen Orten des deutschen Reiches Zwietracht, Ärgernis, widersinniger Ungehorsam, ja Aufruhr, Krieg und Blutvergießen entstanden und erfolgt. So droht diese verderbliche Giftwirkung auf das christliche Volk und die Beschädigung der armen Seelen an manchen Orten nur umso schwerwiegender und erschreckender in dieser Zeit einzudringen. Über all das hinaus ist aus einzelnen verderbten, falschen, ketzerischen Lehren eine besondere Sekte hervorgegangen, die man die „Wiedertäufer“ nennt; diese betreiben die Verfälschung, Verwerfung und Vernichtung aller Sakramente und bringen viele anstößige, unchristliche und unmenschliche Anhänger mit sich, die an unseren Landesgrenzen Unruhe stiften wollen. Daher wollen wir in diesem Ausschreiben weiter Anzeige tun und öffentlich erklären, damit unser früherer Besorgnis Ausdruck verliehen sei, und damit dem frommen und unschuldigen Gemüt und Herzen nicht unnötiges Ärgernis entstehe.
Und da diese Lehre dem heiligen Evangelium und dem Wort Christi, unseres Heilandes, unserem heiligen Glauben völlig entgegensteht und widerstreitet, wurde sie vor vielen Jahrhunderten in allen geistlichen und weltlichen Belangen im Heiligen Reich und der ganzen Christenheit als Verderben für Leib und Leben verdammt und entsprechend verboten. Solche Ketzer und ihre Anhänger dürfen an keinem Ort, wo die Obrigkeit zuständig ist, in irgendeiner Weise geduldet werden; gegen sie ist mit wirksamer Verhaftung und peinlicher, strenger Rechtsprechung sofort und ernsthaft vorzugehen.
Deshalb gebieten und befehlen wir euch allen und jedem, allgemein und einzeln: dass ihr — für euch selbst, eure Verwandten, Gerichtsleute, Untertanen, Einwohner, gleich welchen geistlichen oder weltlichen Standes — so viel als möglich tun sollt, um dies zu verhüten und zu verhindern, damit diese erschreckliche ketzerische Lehre bei euch weder eindringe noch Wurzeln schlage. Jeder in seiner Obrigkeit und Gerichtsbarkeit soll sorgfältig Beobachtungen anstellen und aufmerksam sein und melden, wo irgendeine Person — Mann oder Frau, jung oder alt, geistlichen oder weltlichen Standes — in euren Gebieten oder Gerichten durch euch selbst festgestellt oder euch von anderen glaubhaft angezeigt worden ist:
- die heimlich oder öffentlich das Laster des Wiedertaufens predigen; oder
- die das hochwürdige Sakrament des Altars (die Messe) oder das Messelesen, die Beichte oder andere Sakramente anders behandeln als es die christliche Kirche im hochgeehrten Gebrauch bestimmt hat; oder
- die solche Lehren halten oder verteidigen; oder
- die aus solchen oder anderen ketzerischen, verführerischen Gründen heimlich oder öffentlich bei Tag oder Nacht Versammlungen abhalten oder andere zusammenrufen, predigen oder dafür Verschwörungen, Vereinigungen oder Bruderschaften bilden; oder
- die verdächtigt, angeklagt oder verbannt oder geflohen sind aus anderen oder fremden Ländern, Städten oder Gerichten und sich nun in eurer Amtsobrigkeit aufhalten oder unterstellen wollen.
In solchen Fällen soll niemand von Amts wegen untätig zusehen oder die Sache dulden, sondern diese Ketzer samt ihren Frauen, Verwandten, Helfern und Anhängern — und diejenigen, die sie wissentlich beherbergen — sind sofort gefangen zu nehmen und in sichere Verwahrung zu bringen.
Und wenn in unseren fürstlichen Landgerichten solche Vergehen vorkommen, oder in unseren Vizedom-Ämtern, unseren Vizedomen, Hauptleuten und Räten, so ist deren Verhandlung ohne Verzug schriftlich zu melden; und in den Hofmarchen (Hofmärschen) sind diese Fälle durch die Hofmarschälle bzw. Hofmarschallsrichter als schwere Vergehen der Landesordnung zu behandeln. Unsere Amtleute in den entsprechenden höheren Gerichten, in die solche Fälle gehören, sollen die peinlichen Rechte anwenden und die Angelegenheit an uns weiterleiten, damit dann das weitere Verfahren, wie es erforderlich ist, bei uns und in den Vizedom-Ämtern sowie beim Rat veranlasst wird. Die Gefangenen sollen bis zu weiteren Anordnungen durch uns oder unseren Vizedom und Rat wohl verwahrt bleiben. Damit sich niemand mit Unwissenheit entschuldigen kann, gilt Folgendes:
Es ist ferner unsere ernste Anordnung und Mahnung, dass ihr dieses Ausschreiben in euren Gebieten, Hofmarchen, Städten und Märkten anschlagt, von den Kanzeln, von den Pfarrern, Seelsorgern und Verwaltern vor den Kirchen und durch unsere Gerichtspersonen öffentlich vor dem Volk verlesen und bekanntmacht, verbunden mit ernster Ermahnung; damit jedermann in unserem Fürstentum — so wie es bei uns und unseren Vorfahren heilig und unbestritten langgebräuchlich war — an dem Glauben, an der Gemeinschaft und Einigkeit der christlichen Kirche festhält, ebenso an den Sakramenten und Ordnungen, die zur Festigung und Erhaltung dieses Glaubens gefunden und bewahrt wurden; und sich nicht durch falsche, verführerische Lehren davon abbringen lässt.
Dabei soll jedermann, der Amt und Obrigkeit innehat, standhaft und ernsthaft handeln und besonders anordnen, dass die kaiserlichen Edikte zu Worms sowie die Beschlüsse und Ordnungen nach Regensburg in allen Punkten, Artikeln und Handlungsweisen befolgt werden. Wir haben euch diesbezügliche gedruckte Schriften im vierundzwanzigsten Jahr zuschicken lassen; daher soll gehorsam gehandelt werden, und mit noch größerer Ernsthaftigkeit als bisher verfahren werden.
Dazu wollen wir an jeden Einzelnen, unter Androhung unseres Entzugs der Gnade und Strafe, nachdrücklich verhängen: Wer die kaiserlichen Rechte gegenüber der Sekte der Wiedertäufer verletzt, soll als Übeltäter am Leib und Leben bestraft werden — dies erlassen wir in aller Strenge.
Gegeben unter unserem gedruckten Siegel zu München am fünfzehnten Tag des Monats November im Jahr eintausendfünfhundertsiebenundzwanzig.
Vorlage: Vitus Anton Winter, Geschichte der baierischen Wiedertäufer im sechszehnten Jahrhundert. München: Lindauer, 1809, S. 171-176.