Aufruf des Geistlichen Vertrauensrats der DEK an die obersten Behörden der deutschen evangelischen Landeskirchen zur Glocken-Opferfeier (1940): „Aber der wahre Wert eines Opfers besteht in der Freudigkeit, mit der es gebracht wird. Und darin wollen und werden unsere Gemeinden sich von niemand übertreffen lassen. Die Glocken haben schon in so manchem Krieg ihr Leben dahingeben müssen, um nach dem Kriege wieder schön und strahlend aufzuerstehen. Was von dem toten Metall gilt, gilt in viel tieferem Sinne von uns Menschen. Nur wer bereit ist, sein Leben einzusetzen, vermag das Leben zu gewinnen, und nur das Volk, dessen Söhne auch vor dem Opfer des Lebens nicht zurückschrecken, wird von Gott großer Aufgaben gewürdigt. In solchem Geiste wollen wir Führer und Vaterland die Glocken schenken und in dieses Opfer unsere heißen Wün­sche und Gebete flechten.“

Aufruf des Geistlichen Vertrauensrats der DEK an die obersten Behörden der deutschen evangelischen Landeskirchen

Charlottenburg, 26. April 1940

Der Beauftragte für den Vierjahresplan, Generalfeldmarschall Göring, hat die Beschlag­nahme und Ablieferung sämtlicher Glocken aus Bronze angeordnet, damit unser Volk durch eine genügend große Metallreserve gegen alle Möglichkeiten der weiteren Kriegsentwicklung gewappnet ist. Da die weitaus überwiegende Zahl der Bronzeglocken dem kirchlichen Leben dient, sind es die Kirchengemeinden, die zuerst und vor allem von dieser Anordnung be­troffen werden.

Wir wissen, daß es unsere Gemeinden mit Stolz erfüllt, dieses Opfer für den Führer und das Vaterland bringen zu dürfen. Niemand wird das Opfer, das von ihnen erwartet wird, gering schätzen. Die Stimme der Glocken hat seit Menschengedenken unser ganzes kirchliches und völkisches Leben begleitet, alle wichtigen Ereignisse im Leben des einzelnen und der Ge­meinschaft, der Häuser und Familien in Stadt und Land. Aber vor allem haben die Glocken Sonntag für Sonntag die Gemeinde zur Kirche gerufen und in vielen Gegenden täg­lich des Morgens und des Abends zum Gebet. Immer wieder haben sie an den erinnert, den es über alle Dinge zu fürchten, zu lieben und zu ehren gilt, haben unüberhörbar ge­mahnt: O Land, Land, Land, höre des Herrn Wort! Dazu haben unsere Väter sie gestiftet und gegossen.

Darum fällt uns der Abschied von ihnen schwer wie der Abschied von guten Freunden. Aber der wahre Wert eines Opfers besteht in der Freudigkeit, mit der es gebracht wird. Und darin wollen und werden unsere Gemeinden sich von niemand übertreffen lassen. Die Glocken haben schon in so manchem Krieg ihr Leben dahingeben müssen, um nach dem Kriege wieder schön und strahlend aufzuerstehen. Was von dem toten Metall gilt, gilt in viel tieferem Sinne von uns Menschen. Nur wer bereit ist, sein Leben einzusetzen, vermag das Leben zu gewinnen, und nur das Volk, dessen Söhne auch vor dem Opfer des Lebens nicht zurückschrecken, wird von Gott großer Aufgaben gewürdigt. In solchem Geiste wollen wir Führer und Vaterland die Glocken schenken und in dieses Opfer unsere heißen Wün­sche und Gebete flechten.

Dann wird es sich aber ganz von selbst verbieten, sang- und klanglos von den Glocken Abschied zu nehmen. Wir rufen darum unsere Gemeinden auf, aus Anlaß der Ablieferung ihrer Glocken eine Glocken-Opferfeier zu veranstalten, die unserer freudigen Einsatzbe­reitschaft für das Vaterland und unserer gläubigen Siegeszuversicht Ausdruck gibt.

Da damit gerechnet werden muß, daß mit dem Ausbau der Glocken schon in allernächster Zeit begonnen wird, und da diese Arbeit schlagartig durchgeführt werden soll, empfiehlt es sich, die Glocken-Opferfeier überall zu dem gleichen Zeitpunkt zu veranstalten. Wir schlagen den obersten Kirchenbehörden dafür den Trinitatissonntag, den 19. Mai 1940, vor.

Wie die Feier im einzelnen gestaltet werden soll, überlassen wir der Erwägung der Kir­chenregierungen und Gemeinden. Ausklang der Feier müßte sinnvollerweise ein letztes Ge­läut der zur Ablieferung bestimmten Glocken sein. Wir haben bei den zuständigen Stellen beantragt, daß auch in den Luftschutzgebieten 1. Ordnung den Gemeinden gestattet wird, dieses Abschiedsgeläut zu halten. Über das Ergebnis unseres Schrittes werden wir rechtzeitig Mitteilung machen.

Gott segne den Führer! Er schütze und schirme unser deutsches Vaterland!

Der Geistliche Vertrauensrat der Deutschen Evangelischen Kirche

D. Marahrens Schultz D. Hymmen

Quelle: Joachim Beckmann (Hrsg.), Kirchliches Jahrbuch für die evangelische Kirche in Deutschland 1933-1944, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn, 21976, S. 457.

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