Wendel Hiplers Beratungsplan für den Bauerntag in Heilbronn (Mai 1525): „Zum Schluss soll Einigkeit darüber erzielt werden, wann und wo die Reformation stattfindet. Wer zur Reformation berufen und bestimmt werden soll – Gelehrte, Bürger oder Bauern – und wie viele. Ebenso soll den Fürsten, Herren und Edelleuten zugestanden werden, eine Anzahl von Räten zu bestellen, die die Gegenposition vertreten. Wer sind die Personen, die im Namen des gemeinen Mannes alle nötigen Beschwerden vorbringen sollen, damit auf beiden Seiten die beauftragten Männer die Reformation nach gerechtem Maßstab ordnen können – zur guten Ordnung und mit dem Ziel, alle Beschwerden zu beseitigen. Und wie, von wem und in welcher Weise die Kosten für die bestellten Männer sowie für die, die den Vortrag halten sollen, getragen werden.“

Wendel Hiplers Beratungsplan für den Bauerntag in Heilbronn (Mai 1525)

Im Mai 1525 wurden Anführer und Gesandte der verschiedenen Aufständischentruppen zu einem „Bauerntag“ nach Heilbronn gerufen, der unter der Leitung Wendel Hiplers stattfand, eines ehemaligen Beamten der Grafen von Hohenlohe in Franken und Juristen. Hiplers Tagesordnung für den Bauerntag ist im Folgenden wiedergegeben. Sie deckt sowohl praktische als auch theoretische Punkte ab, doch das Hauptziel der Versammlung war, die Forderungen der Bauern in eine breitere, auf dem Wort Gottes basierende Reform einzubetten. Wie auch Friedrich Weygandt, befürwortet Hiplers Tagesordnung eine Reichsreform.

Nachfolgende Dinge sind in Heilbronn zu bedenken und zu beraten.

Der Ursprung dieses Unternehmens, wie es sich bis zum heutigen Tag entwickelt hat, ist bekannt. Jetzt ist man mittendrin. Die Abgesandten aller Haufen sollen einander berichten, wie jeder einzelne die eingenommenen Orte, Städte, Burgen und Dörfer gehalten und übernommen hat, mit welchen Bedingungen. Danach soll beraten werden, was künftig darin zu verbessern ist, und ob von einem Haufen etwas Neues erobert wurde. Ebenso soll jeder Haufen dem anderen seine Feldordnung und die dazu verfassten Artikel sowie sonstige Regelungen offenlegen und vorlegen, um sich gegenseitig abzugleichen und zu verbessern.

Ferner soll darüber gesprochen werden, ob jedem Haufen Widerstand entgegengesetzt wurde oder ob Hilfe notwendig ist. Besonders, wenn dieser Odenwälder Haufen das Hochstift Würzburg erobert, sodass ihr weiteres Vorgehen mit Gottes Hilfe nicht weiter als bis Schwäbisch Hall reichen wird. Die anderen Haufen sollen ebenfalls berichten, ob sie weiterziehen wollen oder ruhig bleiben. Ebenso soll geklärt werden, ob Unterstützung gegen den Schwäbischen Bund nötig ist, und wenn ja, durch welchen Haufen und in welchem Maß geholfen werden soll. Weiter, was gegen die Pfalz, Brandenburg und Baden unternommen werden soll – sei es durch freundliche Forderung oder durch ernste Maßnahmen – und ebenso gegenüber den Fürsten von Bayern und Hessen. Ob man Trost oder Unterstützung bei auswärtigen Fürsten wie Sachsen suchen wolle, die dem einfachen Volk gegenüber wohlgesinnter sind als andere Fürsten. Ob man gegen die Hochstifte Trier und Köln mit derselben Strenge vorgehen wolle wie gegen Mainz und Würzburg, und ob man gemeinsam gegen sie ziehen wolle.

Sollte Gott so viel Glück gewähren, dass diese Haufen teilweise aufgelöst und das gemeine Volk wieder seiner Arbeit zugewiesen würde, so soll dennoch ein versammeltes Volk in diesem Landesteil erhalten und organisiert bleiben. Dabei soll ein Hauptmann und ein Rat bestehen bleiben, die über alle Vorfälle und Beschwerden wachen, und in der Zwischenzeit Ordnung, Frieden und Recht untereinander aufrechterhalten. Falls Hilfe nötig wird, sollen sie diese auch verwalten können.

Falls der Kaiser ein fremdes Volk oder Fürsten gegen uns bringen sollte, was ist dann dagegen zu tun? Und wie und in welcher Form soll man sich gegenüber dem Kaiser verantworten oder ob man ihm zuvor schreiben wolle?

Wie und auf welche Weise will man auswärtigen Adel aus anderen Ländern in dieses Bündnis einbeziehen? Und ist es die Meinung, dass das, was weltliche Fürsten und adelige Herren an Zehnten, Abgaben und Dienstleistungen erlassen, ihnen aus geistlichen Gütern ersetzt werden soll – jedoch nicht im Übermaß, sondern nach Erkenntnis derer, die dazu bestimmt werden, und nach ausreichender Erkundigung? Dabei sollen Fürsten und Herren vom Adel gemeinsam mit den Untertanen eine gleiche, gerechte Entscheidung im Rechtsstreit haben, sodass sich niemand auf besondere Freiheiten beruft, sondern dass der Arme wie der Reiche gleich behandelt wird.

Zum Schluss soll Einigkeit darüber erzielt werden, wann und wo die Reformation stattfindet. Wer zur Reformation berufen und bestimmt werden soll – Gelehrte, Bürger oder Bauern – und wie viele. Ebenso soll den Fürsten, Herren und Edelleuten zugestanden werden, eine Anzahl von Räten zu bestellen, die die Gegenposition vertreten. Wer sind die Personen, die im Namen des gemeinen Mannes alle nötigen Beschwerden vorbringen sollen, damit auf beiden Seiten die beauftragten Männer die Reformation nach gerechtem Maßstab ordnen können – zur guten Ordnung und mit dem Ziel, alle Beschwerden zu beseitigen. Und wie, von wem und in welcher Weise die Kosten für die bestellten Männer sowie für die, die den Vortrag halten sollen, getragen werden.

Hier die frühneuhochdeutsche Originalfassung:

Nachvolgend Sachen sind zu Hailpron zu bedenken und zu betrachten.

Der Anfang dits Furnemens, wie das ergangen ist bis uf disen Tag, hat sein Gestalt. In dem Mitel ist man itzund begriffen. Und sollen die Geschickten aller Haufen ainander erzelen, welcher Gestalt ain jeder die eroberten Flecken, Stet, Sloß und Dorfere gehalten und ufgenomen hab, mit was Geding. Daruf zu ratschlagen, was hinfurt darin zu verbesseren sei, ob von ainigem Haufen ichts ferner erobert wurde. Item ain jeder Hauf solle dem anderen sein Ordnung im Velde und die darzu verfast Artikel, auch andere Ordnung eroffen und furlegen, sich derselben auch zu vergleichen und zu besseren.

Item darvon zu reden, was jedem Haufen Widerstands geschehe oder ob Hilf von Nötten sei. Sonderlich, so diser Otenwäldisch Hauf den Stift Wirzburg erobert, das ir Furnemen ferner mit der Hilf Gottes nit stehe, dann uf Swebischen Hall. Dergleichen sollen die anderen Haufen auch erzelen, ob si ferner zu ziehen willens sind oder stil zu sitzen. Item ob Not tun des Beistands wider den Bund zu Swaben, welcher Hauf und mit was Maßen er darwider helfen solle. Item was gegen Pfalz, Brandenburg und Baden furgenomen werden solle mit gutlicher Ervorderung oder zum Ernst, (dergleichen mit dem bayrischen Fürsten und Hessen). Ob man etwas Trostes suchen wölle bei auslendigen Fursten als Sachsen etc., die mer Milterung haben gein dem armen Man, dann andere Fursten. Item ob man gegen den Stiften Trier und Coln mit der Strenkhait handlen wolle, wie gegen Mainz und Wirzburg, und zu den mit gemainem Haufen ziehen.

Item ob Got so viel Glucks gebe, das dise Haufen zum Tail geringert und der gemain Man an sein Arbait gewisen werden solte, das man dannoch ain versamlet Volk in diser Landsart behalten und verordnen solte; und were dan Hauptman und Rate pleiben sollen, die uf alle Anfelle und Geprechen ain Ufsehen tragen, auch mitler Zeit Ordnung, Frid und Recht unter uns selbst hanthaben, darzu, so Hilf Not tet, dasselb zu verwalten.

Item ob der Kaiser ain frembd Nation pringen oder sunst sich Fursten bewerben wurden, was dargegen zu tun were. Item wie und welcher Masen man sich gegen den Kaiser verantworten oder ob man ime zuvor schreiben wölle.

Item wie und welcher Masen oder Gestalt man den fremden Adel in anderen Landen herzu in dise Verainigung bringen wölle. Item ob es ain Mainung were, was weltlich Fursten, Herren vom Adel an Zehenden, an Ungelten, Hantlonen nachlasen, das inen solchs von den gaistlichen Gutteren erstattet werden solte, doch nit uberflussig, sonder nach Erkentnus dero, die dazu verordent werden, uf genugsam Erkundigung. Darbei das Fursten, Herren, die vom Adel sampt den Untertanen ain glaichen redlichen Austrag Rechtens hetten, sich niemant kainer Freihait geprauche, sonder dem Armen als dem Reichen.

Zum Ende, das man ainig werde Zeit und Stat zur Reformation. Item wer zur Reformation ervordert und verordent werden, Gelert, Burger oder Bauern, und wie viel. Item das den Fursten, Herren und Edlen zugelasen werde, ain Anzal Räte zu verordnen, die Widerpartei halten. Item were die sind, die von gemains Mans wegen alle notturftige Geprechen furtragen sollen, damit aus beder Tail Furtrag die verordenten Menner die Reformation nach billichen Dingen verfassen mögen zu gutter Ordnung, doch das in alle Weg die Beschwerung abseien. Item wie, von wem und welcher Masen der Chosten mit den geordenten Mannen und den, die den Furtrag tun sollen, erhalten werden.

Quelle: Quellen zur Geschichte des Bauernkrieges, gesammelt und herausgegeben von Günther Franz. Darmstadt: WBG, 1963, S. 370f.

Hier der Text als pdf.

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