Der Leipheimer Pfarrer Conrad Daniel Kleinknecht (1691-1753) über den aus Giengen stammenden Steinheimer Pfarrer Bonifacius Stöltzlin (1603-1677) und dessen ‚Geistlicher Adlerstein oder Gebetbuch für Schwangere und Gebärende‘ (Ulm 1652): „Daraus ist also deutlich ersichtlich, warum unser seliger Herr Magister Bonifacius Stöltzlin dieses Buch für schwangere und gebärende Frauen mit dem Titel ‚Geistlicher Adlerstein‘ versehen hat. Mit dem beigefügten Wörtchen geistlich will er sagen: Selbst wenn dieser kostbare und nützliche Stein – der sogenannte Adlerstein – seiner natürlichen Eigenschaft nach eine solche Wirkung auf Schwangere und Gebärende haben mag oder auch nicht: Dieses mein Buch trägt doch mit Recht den Titel ‚Geistlicher Adlerstein‘, weil schwangere und gebärende Frauen darin eine schriftgemäße Anleitung, viele andächtige Gebete und Seufzer finden, wie sie sich während der Schwangerschaft, bei und nach der Geburt christlich verhalten sollen – und wie der allmächtige und barmherzige Gott um Christi willen, der der rechte, auserwählte, kostbare und bewährte Eckstein in Zion ist, ihnen und ihren Kindern mächtig und wunderbar helfen will.“

Neue Vorrede zu Bonifacius Stöltzlin, Geistlicher Adlerstein

Von Conrad Daniel Kleinknecht (1691-1753)

I. Über das Leben, Wirken und die Schriften des seligen Herrn M. Bonifacius Stöltzlin, ehemals evangelischer Pfarrer verschiedener christlicher Gemeinden unter der löblichen Herrschaft der Stadt Ulm.

§. 1

Wie Salomo, der weiseste unter den Königen, in seinen Sprüchen Kapitel 10, Vers 7 vom gesegneten Gedenken eines jeden Frommen und Gerechten schreibt – nämlich: „Das Gedenken der Gerechten bleibt im Segen“ – so ist dies besonders auch auf unseren seligen Herrn Pastor Stöltzlin zu beziehen.
Denn dessen Andenken hat der Herr, unser Gott, besonders durch seine zahlreichen und erbaulichen Schriften nicht nur in seinem Vaterland und unter uns, sondern auch in anderen weit entfernten Ländern und Gegenden bis heute gesegnet erhalten.

Daher ist es wohl nicht verwunderlich, dass mancher – vielleicht sogar schon oft – sich gewünscht hat, einige Nachrichten über seine ehrenwerte Herkunft, Geburt, sein Leben und seine Schriften zu erhalten. Besonders da mir nicht bekannt ist, ob dies irgendwo – abgesehen vom Curriculum Vitae, also dem Lebenslauf, der seiner Leichenpredigt beigefügt wurde – ausführlich erwähnt worden ist.

Diese Predigt wurde vom seligen Herrn M. Daniel Gukhelin, Pfarrer in Großsüßen (unter Ulmer Herrschaft), im Jahr 1677 gehalten und 1678 in Ulm in Quartdruck unter dem Titel „Elevatio mentis in adversis, oder Davidische Gemüts-Erhebung in allem Leiden“ über den Psalmvers Psalm 13, Vers 6: „Ich hoffe aber darauf, dass du so gnädig bist; mein Herz freut sich, dass du so gerne hilfst“ veröffentlicht.

Da diese Predigt heutzutage nur noch wenigen – besonders außerhalb – zugänglich ist, wollen wir bei dieser neuen und erweiterten Auflage seines nützlichen Buches „Geistlicher Adlerstein“ in diesem neuen Vorwort das Wichtigste aus dem erwähnten Curriculum Vitae sowie aus anderen mündlichen und schriftlichen glaubwürdigen Berichten kurz zusammenfassen. Damit möchten wir ebenfalls dazu beitragen, das Gedenken an den seligen Herrn M. Bonifacius Stöltzlin im Segen zu bewahren.

§. 2 Von seiner Geburt

Dieser fromme und erbauliche Lehrer erblickte das Licht der Welt am 7. Juni 1603 in der löblichen Freien Reichsstadt Giengen.
Dort war sein seliger Vater, Herr David Stöltzlin, praktizierender Schul- und Rechenmeister. Seine selige Mutter war Frau Catharina, geborene Ainmännin.

Von seinem Vater sei folgendes erwähnt, um auch dessen Andenken in Ehren zu halten:
Während des Dreißigjährigen Krieges, besonders im Jahr 1634 nach der blutigen Schlacht bei Nördlingen, wurde Giengen am 7. September von kaiserlichen und spanischen Truppen nicht nur vollständig geplündert, sondern auch in Brand gesteckt. Dabei wurden die Kirche, das Rathaus, das Pfarr- und Schulhaus sowie fast alle Bürgerhäuser – bis auf vier – niedergebrannt und zu Trümmerhaufen gemacht.

Dieses Unglück traf auch den seligen Herrn David Stöltzlin schwer. Der damals 85-jährige, ehrenwerte Greis wurde auf grausame Weise von den Soldaten ums Leben gebracht. Aus einem wertvollen Brief aus Giengen an mich stammen folgende Worte:

„Der liebe Mann war schon geplündert worden. Dann kam ein spanischer Offizier und verlangte Geld. Da er aber nichts mehr hatte, wurde er sogleich mit einer Partisane erstochen. Einige gutherzige Leute trugen ihn dann, schwer verwundet, hinaus vor das Ruprechts-Törlein und legten ihn in ein kleines Gartenhäuschen, wo er noch am selben Tag verstarb.“

Die tragische Zerstörung der Stadt Giengen ist bis heute in der neu erbauten, schönen und großen Pfarrkirche auf einem gemalten Bildnis zu sehen:
Dort ist dargestellt, wie die Stadt in Flammen steht, Soldaten Menschen und Vieh erbarmungslos hinaustreiben – und wie insbesondere der selige Herr Schulmeister Stöltzlin, als alter und gebrechlicher Mann mit schneeweißem Haupt und Bart, in schwarzem Gewand, von einem spanischen Soldaten mit einem Spieß oder einer Partisane zu Boden gestochen wird.
Dieses Bild soll von seinem Sohn Johann – einem geschickten Maler – einst so zur Erinnerung an die Nachwelt geschaffen worden sein.

Während ich dies schreibe, fällt mir zufällig eine Predigtsammlung unseres seligen Herrn Pfarrers Stöltzlin in die Hand – sein „Geistlicher Hausheld“, Garten-, Tisch- und Hochzeits-Prediger. In der Widmung dieser Schrift an einen löblichen Rat der Stadt Giengen im Heiligen Römischen Reich habe ich folgende Worte gefunden, die besonders gut zu unserem Thema passen:

Als er in dieser Zuschrift die Gründe darlegen wollte, weshalb er diesem ehrbaren Rat der löblichen Stadt Giengen diese kleine Arbeit widmet, nennt er unter anderem folgende Beweggründe:

„Die Stadt Giengen besitzt neben anderen Annehmlichkeiten auch besonders guten Ackerbau.
Deshalb – nachdem am 27. August 1634 auf schwedischer Seite die unglückselige Schlacht bei Nördlingen geschlagen wurde – wurde diese schöne, wohlgelegene Stadt Giengen, die zuvor schon viele Durchmärsche, Einquartierungen und Drangsale erlitten hatte, schließlich jenen Leuten überlassen, die gut im Brennen und Zerstören waren.
Sie wurde an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen vollständig ausgeplündert, zur Beute fremder Völker gemacht und mit Laternen bis ins letzte Eck durchsucht.
Am 5. September wurde sie dann innerhalb von fast 24 Stunden mit allen Gebäuden – Kirchen, Schulen, Rathaus, Spital, Wohnhäusern, Türmen und Toren – bis auf vier kleine Häuser niedergebrannt und zu Asche gemacht.
Die Bürger wurden ohne Unterschied ihres gesamten Besitzes beraubt.
Die Stadt, die zuvor voller Menschen war, lag fast ein ganzes Jahr lang öde da.
Erst im Jahr 1635 ließen sich erste Strahlen des Friedens wieder erblicken.“

Weiter berichtet er in derselben Widmung und führt als Hauptgrund für seine Zueignung folgendes an:

„Und besonders deshalb: Es ist den geehrten Herren wohlbekannt, dass mein lieber Vater, seligen Angedenkens, bei ihnen 40 Jahre lang als deutscher Schul- und Rechenmeister tätig war.
Er versah dieses mühsame Amt mit besonderem Fleiß, wie alle bestätigen können, die seinen Schuldienst in Anspruch nahmen.
Er hat bis ins hohe Alter und bis zu seinem seligen Ende ehrbar gelebt.
Man hat ihm große Gunst, Liebe, Treue und Freundschaft erwiesen.
Doch beim erbarmungswürdigen Ruin der geschätzten Stadt Giengen hat das Elend auch meine lieben Eltern schwer getroffen.
Da sie beide sehr alt und hilflos waren – und mein lieber Vater, seligen Angedenkens, wegen seiner Verantwortung das Amt nicht verlassen wollte – wurde nicht nur ihr gesamter Besitz geplündert und später im Rauch und Feuer gen Himmel geschickt.
Vielmehr musste mein Vater auch sein Leben lassen.
Als die Stadt bereits in Flammen stand, hat ihm ein erbarmungsloser Kriegsknecht eine kurze Waffe in seinen steinalten Leib gestoßen.
Wenige Stunden danach ist er in einem Garten außerhalb der Stadt, unter freiem Himmel, im 85. Lebensjahr und im 40. Jahr seines Schuldienstes, vernünftig und selig verschieden.“

Bis hierher also die Worte des seligen M. Bonifacius Stöltzlin über seinen seligen Vater David Stöltzlin.

Ergänzende Familiengeschichte:
Wir dürfen Folgendes nicht unerwähnt lassen, da es zur Stöltzlin’schen Familiengeschichte gehört:

Der alte, selige Herr David Stöltzlin, Schul- und Rechenmeister in Giengen, hatte sich zuvor längere Zeit in venezianischen Kriegsdiensten aufgehalten. Dort hatte er – auch im Zusammenhang mit damaligen Seekarten, die wegen des Krieges gestochen wurden – die wichtigsten Aktionen und Seeschlachten gegen die Türken in deutschen Reimen beschrieben.
Diese Schriften besitzt noch jene ehrenwerte Person, die mir diese Information freundlich mitgeteilt hat.

Außer den zwei bekannten Söhnen, nämlich Johann (dem Maler) und unserem Bonifacius, hatte er noch zwei weitere: Melchior und Christoph.
Diese traten in österreichische Dienste und verhielten sich dort so ausgezeichnet, dass der eine zum kaiserlichen Burggrafen von Neustadt, der andere zum Rentmeister daselbst ernannt wurde.
Beide wurden im Jahr 1631 von Kaiser Ferdinand II. in den Adelsstand erhoben und erhielten anstelle ihres Geburtsnamens den Adelsnamen „von Stolg“.
Eine Abschrift des entsprechenden kaiserlichen Diploms ist noch vorhanden.
Leider aber haben diese beiden Brüder unseres seligen Bonifacius ihre evangelische Religion gegen diese weltlichen Ehren eingetauscht.

§ 3. Seine Ausbildung

Unser seliger Herr Bonifacius Stöltzlin hat von Gott wunderbare geistige Gaben empfangen, was sich schon in der Blüte seiner Jugend deutlich zeigte.
Sein lieber Vater hat ihn, wie andere Kinder, im Beten, Lesen und Schreiben auf Deutsch unterrichtet, ihn aber vor allem zur wahren Erkenntnis Jesu Christi geführt.

Im Jahr 1611 wurde er in die Lateinschule aufgenommen.
An dieser Schule wirkte auch mein lieber, nun ebenfalls seliger Vater Martin Kleinknecht aus Ulm über 36 Jahre lang als Lehrer und Kantor.
Der Herr hat ihn – nach geduldig und ehrenvoll ertragener mühsamer Schularbeit – am Samstag, dem 3. Juni 1730, im 65. Lebensjahr aus Gnaden in die himmlische Jubelfreude aufgenommen und ihm eine friedliche Ruhe geschenkt.

Davon zeugen auch zwei Zeichen der Liebe, die zwei treue evangelische Lehrer und Prediger seiner Leichenpredigt und Trauerrede beigefügt haben:

1.) „So schlaf und ruhe sanft, du lieber, wertvoller Mann,
Dein Gott vergelte dir, was du für uns getan.
Ich liebe dich – auch über den Tod hinaus – mein Jonathan!“

M. J. S. P. – war zuvor sieben Jahre lang Organist und Schulverwalter in Leipheim unter der Herrschaft der Stadt Ulm.

2.) „Geh, frommer und treuer Knecht, der du Gott treu gewesen bist
Und dreiundvierzig Jahre Ihm in der Schule gedient hast;
Geh hin in deine Gruft; die Seele ist genesen
Bei ihrem Gott; dein Name bleibt bei uns in Segen bestehen;
Bis Gott am Ende ruft: Geh, Noah, aus dem Kasten,
Um nach deiner Grabesruhe im Himmel auszurasten.“

M. S. B. E.


Rückkehr zu unserem seligen Herrn Bonifacius Stöltzlin:

Da er also in Giengen in beiden Schulen – der deutschen wie der lateinischen – viel Gutes gelernt hatte und insbesondere, gleich dem jungen Timotheus, schon von Kind auf zur wahren Erkenntnis Jesu Christi und zu aufrichtiger Gottesfurcht hingeführt worden war, so zeigte sich von Tag zu Tag mehr, dass die Gnadenhand des Herrn über ihm war.

§ 4. Von seinem Fleiß im Studium in Ulm und Straßburg.

Im Jahr 1614, im Alter von 11 Jahren, wurde er von seinem seligen Vater auf das berühmte Gymnasium der löblichen Stadt Ulm geschickt, wo er sogleich in die zweite Klasse aufgenommen und danach fortlaufend von einer Stufe zur nächsten befördert wurde.

Dort zeigte er sich nicht nur als fleißiger und frommer Schüler, sondern – als er zu öffentlichen Vorlesungen zugelassen wurde – auch als christlicher Student, wodurch er sich die besondere Liebe seiner Lehrer und Professoren erwarb. Auch vom ehrenwerten Magistrat der löblichen Stadt Ulm wurde er als Fremder (Peregrinus) so wohl bedacht, dass er nicht nur ein ehrliches und ausreichendes Stipendium erhielt, sondern auch kostenlos das Bürgerrecht erhielt – ein Recht, das ihm offenbar so lieb war wie dem heiligen Apostel Paulus sein römisches Bürgerrecht (Apg. 22, Verse 3 und 26–29).

Das zeigt sich unter anderem daran, dass er in allen seinen Büchern seinen Namen mit „Ulmensis“ (d. h. „aus Ulm“) bezeichnete. Auch in seinem Namenssymbol, seinem Wahlspruch, brachte er das so zum Ausdruck:

„Mein Begehren steht über sich.“
Das heißt: M. Bonifacius Stöltzlin Ulmensis.

Nachdem auf besagtem Gymnasium in Ulm ein guter Grund in den schönen Künsten, Wissenschaften und Sprachen gelegt worden war, beschloss er, diese unter göttlichem Beistand an Universitäten fortzusetzen, und widmete sich besonders dem theologischen Studium. Daher zog er im Jahr 1626 im Namen Gottes an die löbliche Universität Straßburg, wo er in gleichem Fleiß fortfuhr, sodass er bereits im Jahr 1627 mit gutem Lob den Magistergrad erlangte. Drei Jahre lang übte er sich dort fleißig im Studieren, Disputieren und Predigen und war dabei sehr erfolgreich. So bereitete er sich würdig auf das wichtige Predigtamt vor.

§ 5. Von seiner Berufung nach Hause und ins Predigtamt.

Am 3. Juni 1629 wurde er auf gnädigen Befehl der Herren und Obrigkeit von Straßburg wieder nach Ulm berufen. Dort wartete er dann mit heiliger Vorbereitung geduldig auf den Ruf des Herrn in dessen Weinberg, welcher bald erfolgte – nämlich am 10. August 1631. Da erhielt er seine erste Berufung ins öffentliche Lehr- und Predigtamt.

Während seiner Amtszeit im Predigtdienst von insgesamt 46 Jahren erhielt er mehrere Berufungen und Beförderungen zu verschiedenen christlichen Gemeinden auf dem Land in der löblichen Herrschaft Ulm.


  1. Erste Berufung: Nach Weiler bei Sontheim und Geislingen. Da diese Pfarreien wegen der beginnenden Reformation in Gefahr standen, wurde er außerordentlich – ohne vorhergehende Prüfung oder Probepredigt – ordiniert und sogar noch vor der Beerdigung des verstorbenen Pfarrers M. Michael Karlshofer der Gemeinde als ihr ordentlicher Pfarrer und zukünftiger Seelsorger vorgestellt.
  2. Zweite Berufung: Im Jahr 1634 nach Bollingen und Dommertingen, um dort die Reformation einzuführen. Diese Tätigkeit dauerte jedoch nicht länger als bis zum 6. August 1635, da ihm befohlen wurde, wieder abzuziehen. Aber auch in dieser kurzen Zeit versäumte er es nicht, den Segen des göttlichen Wortes weiterzugeben, sodass die Gemeinden zu einer ansehnlichen Erkenntnis der evangelischen Religion gelangten. Viele Zuhörer vergossen Tränen bei seinem Abschied und äußerten – selbst in Gegenwart seines Nachfolgers, eines katholischen Priesters –, dass sie ihn gern behalten hätten, denn „er habe sie recht gelehrt und ihnen den rechten Weg gezeigt“.
  3. Dritte Berufung: 1635 nach Holzheim und Steinheim (diesseits der Donau). Wegen der Reformation wurde er im folgenden Jahr ausschließlich in Steinheim als Pfarrer eingesetzt. Dort verblieb er 21 Jahre bis 1656. In dieser Zeit brachte er auch sein Buch für schwangere und gebärende Frauen unter dem Titel Geistlicher Adlersstein erstmals 1651 heraus.
  4. Vierte und letzte Berufung: 1656 nach Kuchen (Kuchheim), einer großen Gemeinde im Tal. So hatte er bei diesen vier Berufungen und Gemeinden – sowohl auf der Alb, jenseits der Donau, als auch im Tal – dem Herrn durch seinen Dienst ein kleines Volk zugerüstet.

Tag und Nacht widmete er sich dem Wachen, Beten, Bitten, Flehen, Lehren, Ermahnen, Widerlegen, Strafen und Trösten und führte das Amt eines evangelischen Predigers (wie er sich oft „evangelischer Pfarrer“ nannte) getreu gemäß der Vorschrift des Apostels Paulus aus (2. Tim. 4,2.5).

Dies zeigt sich unter anderem an seinen vielen Predigten – er hat 1.803 Predigten ausgearbeitet und gehalten – und seinen zahlreichen veröffentlichten Schriften.

Er hatte von seinem himmlischen Bonifacius, dem Geber aller guten Gaben, viele schöne Talente empfangen. Sein Vortrag war klar, schriftgemäß und erbaulich. Auch als Dichter der deutschen Sprache hat er sich ausgezeichnet.

Zusammenfassend, um mit wenigem vieles zu sagen, schrieb Herr M. Gukhelin in der oben erwähnten Lebensbeschreibung:

„Er war mit Mund und Feder ein erbaulicher Mann.
**Der reiche Vergelter alles Guten möge ihm seine Treue im ewigen Leben belohnen.“
Daniel 12,3.

§ 6. Von seinem Ehestand

Wie der selige Herr M. Bonifacius Stöltzlin gemäß 2. Timotheus 3, 2–5 im Amt unsträflich als ein Bischof, Pfarrer und Lehrer gewesen war, so wollte er auch ein Mann einer Frau sein. Deshalb entschloss er sich mit Gott, in den heiligen Ehestand zu treten, was zum ersten Mal im Jahr 1631 geschah. Damals ließ er sein mit der Jungfer Veronica Bachmayerin geschlossenes Eheverlöbnis am 2. Mai des genannten Jahres in Ulm durch eine priesterliche Trauung bestätigen.

Mit ihr führte er 34 Jahre lang eine liebevolle, friedliche und gesegnete Ehe. Durch Gottes Segen wurden ihnen acht Kinder geschenkt – drei Söhne und fünf Töchter. Zwei Söhne und drei Töchter überlebten ihn in der Ehe, und von ihnen erlebte er mit Freude 35 Enkelkinder.

Besonders viel Freude hatte er an seinem erstgeborenen Sohn, Herrn M. David, der in seine rühmlichen Fußstapfen trat und ebenfalls das Predigtamt annahm. Er wurde Pfarrer in Bermaringen in der ehrbaren Herrschaft Ulm. Durch dessen hinterlassene, fromme Söhne wurde der geschätzte Stöltzlin’sche Name und das Geschlecht weitergetragen.

Der erste Sohn dieses Pfarrers David Stöltzlin war Herr Timotheus Stöltzlin, einst Schulmeister des Ehrwürdigen Almosenstifts der ehrbaren Stadt Ulm, nun selig verschieden. Der dritte (ebenfalls verstorbene) trug den Namen Bonifacius nach seinem Großvater, unserem seligen Herrn M. Bonifacius Stöltzlin, und war Hauptmann in der genannten Stadt Ulm. Der zweite Sohn – ebenfalls nach Gottes Willen bereits verstorben – war der hochgelehrte und fromme Herr David Stöltzlin, verdienter Konrektor, Professor der Geschichte und Bibliothekar am berühmten Gymnasium zu Ulm. Dessen Sohn wiederum trat ebenfalls in die Fußstapfen seiner Väter, Groß- und Urgroßväter.

Zum zweiten Mal begab sich unser Herr Bonifacius Stöltzlin in den Ehestand im Jahr 1665, als er sich am 29. August mit Frau Sara Sachsin, geborene Geldin, in seiner Pfarrkirche zu Kuchheim trauen ließ. Mit ihr lebte er noch zwölf Jahre in zufriedenem, wenngleich kinderlosem Eheleben.

§ 7. Von seinen Leiden und vielfältigen Trübsalen sowohl im Amt als auch im Ehestand.

Beides hat der liebe Mann wohl erfahren, und die drei Erfordernisse, die der selige Herr D. Luther zu einem rechtschaffenen Theologen zählt – Oratio, Meditatio und Tentatio (Gebet, Betrachtung und Anfechtung) – waren bei ihm in hohem Maße vorhanden.

Wir wollen hierzu die in seinem gedruckten Lebenslauf auf Blatt 36 unter Nummer III aufgeführten Worte einfügen, die so lauten:

„An Kreuz und vielen Trübsalen hat es ihm – dem seligen Herrn Stöltzlin – als einem echten und herzlichen Christen und Gott liebenden Mann niemals gemangelt:
Durch Krieg, in dem er unmenschlich behandelt, gefoltert und mehrfach vollständig ausgeplündert und all seines zeitlichen Guts beraubt wurde;
Durch gewaltsame Vertreibung aus seinem Pfarr- und Kirchendienst;
Durch verschiedene langwierige Krankheiten und Unglücksfälle;
Durch den schmerzlichen Verlust seiner ersten Ehefrau;
Durch Kummer mit seinen Kindern und am häuslichen Herd;
Und durch allerlei weitere Widerwärtigkeiten, die ihn trafen.“

All dies aber hat er mit größter Geduld getragen und erlitten, bei sich behalten, seinem lieben Gott viel – der Welt aber nichts – geklagt, wohl wissend, dass sie ihm eher gespottet als geholfen hätte. Und gerade in dieser Bedrängnis, die ihn zuweilen fast zu Boden drückte, war es stets seine Gewohnheit, sein Herz zu Gott zu erheben und mit David zu sprechen:

„Ich hoffe darauf, dass Du gnädig bist, und mein Herz freut sich, dass Du so gerne hilfst.“

Ein besonderer Vorfall, den wir nicht unerwähnt lassen wollen, trug sich während seiner Amtszeit zu. Als er Pfarrer in Holzheim war, zu dessen Pfarrei damals auch Steinheim als Filialgemeinde gehörte, wurde er auf Befehl der österreichisch-innsbruckerischen Regierung plötzlich von bewaffneten Truppen überfallen.

Der Pfarrhof wurde umstellt, Frau, Kinder und Hausrat auf Wagen verladen und nach Steinheim gebracht, welches damals Filialgemeinde war. Ihm selbst wurde ein gesatteltes Pferd vorgesetzt mit der Drohung, er werde – wenn er sich weiterhin weigere zu weichen und die Kirchenschlüssel auszuhändigen – nach Innsbruck verschleppt.

Durch viel flehentliches Bitten erreichte er zumindest die Frist, den Vorfall in Ulm zu melden und eine Anweisung abzuwarten. Doch bevor er eine Antwort erhielt, musste er – ob er wollte oder nicht – der Gewalt weichen, das Pfarrhaus räumen und es dem mitgebrachten Messepriester überlassen. Seit jener Zeit hat jeder evangelische Pfarrer in Steinheim gewohnt.

§ 8. Von seiner letzten Krankheit und seinem seligen Ende

Nach dem Bericht aus seinem Lebenslauf (Blatt 4) war er nicht nur in seinen jungen Jahren von schöner und anmutiger Gestalt und blühte wie ein rosiges Röslein, sondern selbst noch im hohen Alter war sein Antlitz von rosenfarbigen Wangen und Lippen geziert, dazu von schneeweißem, liliengleichem Haar – so wie sein seliger Vater vor ihm.

Seine letzte Krankheit war mehr eine Alters­schwäche, da sein überarbeiteter Kopf und sein ermatteter Leib sich zur Ruhe und zum Ende bereit gemacht hatten. Am 30. Januar 1677, als er sich gerade aufmachen wollte, zur Kirche zu gehen und die Betstunde zu halten, stürzte er schwer – vermutlich infolge eines Schlaganfalls. Von diesem Moment an nahmen seine Lebenskraft und Kräfte immer mehr ab, sodass er sich selbst nicht mehr auf den Beinen halten oder bewegen konnte. Schmerzen verspürte er jedoch keine.

In den letzten Tagen verlor er zwar seine Sprache, behielt jedoch – durch göttliche Gnade – bis zu seinem seligen Ende seinen Verstand, sein Seh- und Hörvermögen.

Nachdem er sich am Osterfest, das die siegreiche Auferstehung Jesu Christi feiert, nochmals an dieser Hoffnung erfreute und durch deren Kraft seine Angehörigen tröstete, verschied er am Sonntag „Quasimodogeniti“ (dem Sonntag nach Ostern) morgens um 6 Uhr – unter priesterlichem Segen und dem Beistand seines oben genannten Sohnes, Pfarrer in Bermaringen – sanft und selig wie der alte Simeon in den Armen seines Erlösers und Heilandes Jesu Christi.

Er starb im 46. Jahr seines Predigtamtes, im 45. Jahr beider Ehen und im 74. Jahr seines rühmlichen Lebensalters.

Es sei auch noch erwähnt, dass der selige Herr Stöltzlin sich lange Zeit fromm auf ein seliges Sterbestündlein vorbereitet hatte. Er hatte ein erbauliches Testament verfasst und darin seinen letzten Willen christlich geordnet. Darin übergab er sich dem dreieinigen Gott mit Leib und Seele, legte ein Glaubensbekenntnis ab, empfahl die drei Hauptstücke (des christlichen Glaubens) besonders andächtig, und verfügte, was ihm in seiner Krankheit aus Gottes heiligem Wort zugesprochen werden solle – insbesondere der machtvolle Spruch aus Johannes 3,16:

„Also hat Gott die Welt geliebt …“

Auch legte er fest, welche erbaulichen Lieder nicht nur während seiner Krankheit, sondern auch bei seinem Begräbnis gesungen werden sollten.

Der vollständige Inhalt dieses Testaments befindet sich am Ende seiner Leichenpredigt, wörtlich wiedergegeben. Der zentrale Gedanke lautet:

„Das ist mein letzter Wille:
Mein Leib und arme Seele,
Ich lebend und auch tot,
Dem treuen Gott befehle!“

§ 9. Verzeichnis der Schriften und Bücher, die der selige Herr Stöltzlin im Druck veröffentlicht hat.

Dass unser lieber Herr Stöltzlin mit Mund und Hand, durch Predigt und Schrift, viel aus göttlicher Gnade gewirkt hat, beweisen seine zahlreichen kleinen und großen Schriften, Bücher und Traktätchen – insgesamt 21 Werke.

Wie sie zuletzt im Anhang seiner Leichenpredigt aufgeführt wurden, möchten wir sie hier zur Freude und Information der Liebhaber seiner erbaulichen Schriften auflisten:

In Quart (großformatige Werke)

  1. M. Bonifacius Stöltzlins Katechismus-Andachten – Schriftmäßige Auslegung des kleinen Katechismus D. Martin Luthers in 137 Predigten, 3 Teile. Ulm 1666 & 1688.
  2. Postilla Evangelica – Auslegungen der Sonn- und Feiertagsevangelien.
  3. Ecce Homo! – Historie vom Leiden Christi nach den vier Evangelisten in 10 Predigten. Ulm, 1642.
  4. Türkischer Bund – Über Ursprung, Aufstieg etc. der Türken.
  5. Kirchen-Posaune – Sonderbare Predigten.

In Oktav (mittleres Format)

  1. Geistlicher Adlerstein – Christlicher Unterricht, Gebete und Seufzer für schwangere und gebärende Frauen. Ulm, ab 1652; 8. und 9. Auflage bis 1747, vermehrt von C. D. K.
  2. Bethesda – Geistliche Hausapotheke und Seelencur, Gebete bei allerlei Krankheiten und zum Sterben. 2. Auflage, Ulm, 1697.
  3. Kleiner und …
  4. Großer geistlicher Haus-, Feld-, Garten-, Tisch- und Hochzeits-Prediger. Ulm, 1655.
  5. Geistliche Katechismusübung – Erklärung des lutherischen Katechismus. Ulm, 1666.

In Duodez (kleinformatige Bücher)

  1. Geistlicher Rauch-Altar – Gebete für Prediger und Theologiestudenten.
  2. Geistliches Weihrauch-Opfer – Gebete für alle Lebenslagen.
  3. Geistliches Donner- und Wetterbüchlein – Ulm, 1692 ff. Mit Auszügen von C. D. K., Ulm, 1723.
  4. Sanftes und ruhiges Alter
  5. Fidus Pastoris Achates – Schriftmäßige Anleitung für evangelische Prediger im Umgang mit Kranken, Angefochtenen, Sterbenden, Verbrechern etc. 3. vermehrte Auflage, Ulm, 1683.
  6. Geistliche Haus-Arznei – Für Krankheit und Tod. Ulm, 1676.
  7. Sterbender Christen bester Gewinn – Ulm, 1682.

In Lang-12 (schmales Taschenformat)

  1. Geistliche Tischzucht – Kommunionsbüchlein in verschiedenen Ausgaben und Formaten.
  2. Geistliches Blumengärtlein – Gebetbüchlein für verschiedene Zeiten.

In 24 (Kleinformat)

  1. Geistlicher Reise-Kompass
  2. Geistliche Kinderpflege – Anleitung, wie Eltern ihre Kinder geistlich erziehen sollen. Ulm, 1680.

Es hatte der selige Herr Stöltzlin noch ein (Werk) in Manuskriptform, besonders eines, das druckfertig war, unter dem Titel: „Gottes Gnade oder Trost in Anfechtungen der Sünden etc.“. Ob dieses Werk aber — neben anderen — nach seinem seligen Heimgang von seinem Herrn Sohn, Magister David, oder von jemand anderem zum Druck befördert wurde, habe ich bisher nicht in Erfahrung bringen können. Dennoch ist aus all dem bereits deutlich zu erkennen, wie Gott auch in seiner Kirche diesen lieben Herrn Bonifacius Stöltzlin als ein gesegnetes Werkzeug zur Verherrlichung seiner Ehre und zur Ausbreitung des Reiches Jesu Christi hat wirken lassen: Denn obwohl sein Mund schon lange nicht mehr spricht und seine Hand nicht mehr schreibt, sondern ruht bis zum Ende der Tage (vgl. Daniel 12,13), so lebt, redet, lehrt, predigt und erbaut er doch noch immer durch seine vielfältigen und erbaulichen Schriften. Möge also das Andenken dieses Gerechten weiterhin unter uns im Segen bestehen bleiben!

II. Vom Buch des seligen Herrn Magister Bonifacius Stöltzlin:

„Geistlicher Adler-Stein“ oder Schriftgemäßer Unterricht, Gebet und Seufzer für schwangere und gebärende Frauen etc. – und besonders von dieser neunten, erweiterten Ausgabe.

§ 1. Vom Titel und der Benennung dieses Buches: Geistlicher Adler-Stein

Der Titel „Geistlicher Adler-Stein“ mag zunächst manchem fremd und unbekannt erscheinen – Adler-Stein –, sodass man nicht gleich weiß, worum es in dem Buch geht, bis man den vollständigen Titel liest und erkennt, dass es sich um ein Buch handelt, das besonders für schwangere, gebärende und stillende Frauen bestimmt ist, die sich selbst, die Frucht ihres Leibes und ihr Kind im Gebet Gott dem Herrn andächtig anbefehlen wollen etc.

Der selige Autor Herr Stöltzlin hat diesem Buch mit Bedacht und Überlegung den Namen und Titel „Geistlicher Adler-Stein“ gegeben. Zwar findet sich weder in einem Vorwort noch in einem Begleitschreiben in den späteren und neueren Auflagen eine Erklärung dazu, wohl aber in der allerersten Ausgabe in deren Zuschrift. Die entsprechenden Worte fügen wir sogleich an.

Die Benennung ist aus der Naturkunde entlehnt – und zwar vom König der Vögel, dem Adler –, über den Naturforscher Verschiedenes berichten. Der Adlerstein, auf Latein Ætites oder Aëtites, auf Holländisch Arentsteen, bei uns Adlerstein genannt, soll ein kostbarer Edelstein sein, den der Adler in sein Nest legt und der gegen Gifte schützen soll (vgl. Wolfgang Franzius, Historia Animalium, Teil II, Kapitel 1, §11, S. 330).

Ein berühmter Doktor und Professor der Medizin an der Königlich-Preußischen Universität Königsberg, Herr Johann Jakob Woyr, erwähnt in seinem Gazophylacium Medico-Physicum, oder Schatzkammer medizinischer und naturkundlicher Dinge (4. Auflage, 1729, S. 20), verschiedene Arten dieses Adlersteins. Er beschreibt ihn folgendermaßen:

Ætites, Lapis Aquilæ, der Adlerstein ist ein blauer oder grauer Stein, allgemein länglich-rund, von unterschiedlicher Größe, der in seinem Inneren einen weiteren kleinen Stein enthält, weshalb er beim Bewegen klappert und deshalb auch ‚Klapperstein‘ genannt wird. Man findet ihn auf Äckern, Bergen und an Flussufern – nicht jedoch in den Nestern von Adlern, wie das einfache Volk irrtümlich glaubt.“

Der genannte Arzt schreibt weiter: Es gibt viele verschiedene Arten dieses Steins – einige sind sehr groß, andere mittelgroß, manche klein wie orientalische Steine; manche sind weiß, manche rötlich-braun, manche grau, manche rau und sandig. Der wichtigste Unterschied liegt jedoch in dem, was sich im Innern des Steins befindet. In dieser Hinsicht unterscheidet man drei Arten von Adlersteinen:

  1. Diejenigen, die einen anderen Stein – Callimus genannt – in sich tragen; auf diesen Typ bezieht sich auch unsere Beschreibung hier, denn diesem wird vor allem der Name Ætites gegeben.

Wozu dieser Stein dienen soll, schreibt er weiter:

„Zu Pulver gestoßen, hilft er gegen schwere Not, fördert die Geburt, steigert die Milchproduktion usw.“

Solche Wirkung – besonders bei der Geburt – wird dem Adlerstein auch von Desiderius Erasmus von Rotterdam zugeschrieben. Er sagt, dass er bei schwangeren Frauen, wenn er ihnen umgehängt wird, die Geburt erleichtert (siehe: Colloquia familiaria, Abschnitt „Percontandi“, Amsterdamer Ausgabe, S. 11).

Daraus ist also deutlich ersichtlich, warum unser seliger Herr Magister Bonifacius Stöltzlin dieses Buch für schwangere und gebärende Frauen mit dem Titel „Geistlicher Adler-Stein“ versehen hat. Mit dem beigefügten Wörtchen geistlich will er sagen: Selbst wenn dieser kostbare und nützliche Stein – der sogenannte Adlerstein – seiner natürlichen Eigenschaft nach eine solche Wirkung auf Schwangere und Gebärende haben mag oder auch nicht: Dieses mein Buch trägt doch mit Recht den Titel Geistlicher Adler-Stein, weil schwangere und gebärende Frauen darin eine schriftgemäße Anleitung, viele andächtige Gebete und Seufzer finden, wie sie sich während der Schwangerschaft, bei und nach der Geburt christlich verhalten sollen – und wie der allmächtige und barmherzige Gott um Christi willen, der der rechte, auserwählte, kostbare und bewährte Eckstein in Zion ist (vgl. Jesaja 28,16 und 1. Petrus 2,6), ihnen und ihren Kindern mächtig und wunderbar helfen will. Schriftgemäße Belege für diese Hoffnung finden sich darin reichlich: „Wer an ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden.“ – 1. Petrus 2,6

Wir wollen nun unseren seligen Herrn Stöltzlin selbst zu Wort kommen lassen – was er in der ersten Ausgabe des Buches aus dem Jahr 1652, als er noch Pfarrer in Steinheim war, über seinen Geistlichen Adler-Stein schrieb. In der Zuschrift (die ich in keiner der späteren Auflagen gefunden habe), Blatt 37ff., heißt es:

„Dass ich aber diesem Betbuch den Titel ‚Geistlicher Adler-Stein‘ gegeben habe, geschah aus folgendem Grund:
Weil die Naturforscher vom Adler schreiben, dass er einen Stein in sein Nest trägt, um seine Jungen leichter ausbrüten zu können – dieser wird deshalb Adlerstein genannt.
Diesem Stein schreibt man auch die Kraft zu, dass er auch gebärenden Frauen bei der Geburt helfe. Daher bemühen sich vornehme und reiche Frauen, diesen Stein zu erhalten und gebrauchen ihn bei der Geburt.“

§ 2. Vom Inhalt dieses Buches „Geistlicher Adler-Stein“.

Das ganze Buch war in den ersten Ausgaben in elf besondere Kapitel eingeteilt; in der siebten, achten und auch in dieser neunten, neu erweiterten Auflage ist jedoch noch ein zwölftes Kapitel hinzugekommen – oder eigentlich das elfte – über das Amt und die Pflichten christlicher Mütter: wie sie ihre Kinder zu pflegen und zu betreuen haben. Jedes Kapitel hat wiederum seine unterschiedlichen Abschnitte und Unterteilungen. Jede dieser Einteilungen umfasst verschiedene Gebete, Seufzer, geistliche Lieder und Reime; ebenso enthält das Buch vielerorts schriftgemäße Ermunterungen und Erweckungen an schwangere und gebärende Frauen, wie sie sich im Glauben auf Gottes Allmacht, Weisheit, Güte und Treue gründen sollen.

Ein derart weitläufiges, ausführliches und inhaltlich reiches Werk ist mir bisher weder in die Hände gekommen noch habe ich je davon gelesen – keines, das so viele andächtige Gebete, Seufzer und Reime zur Hand gibt, derer sich Schwangere, Gebärende, Wöchnerinnen und Frauen im Kindbett zur geistlichen Unterweisung und Erquickung beständig bedienen können. Eine solche Frau findet von gesegneter Empfängnis bis zum glücklichen Ausgang des Kindbetts so viel Heilvolles, dass man sich daran erfreuen und den Fleiß des seligen Herrn Stöltzlin in der Zusammenstellung so vieler guter Inhalte dankbar anerkennen wird.

Was nun aber jedes einzelne Kapitel und wiederum jede Unterteilung an Gebeten und Seufzern enthält, wird das Register ausführlich und deutlich zeigen. Hier wollen wir nur noch Folgendes anmerken:

§ 3. Über diese neu vermehrte neunte Auflage

Es haben bereits mehrfach gottesfürchtige Lehrer und Prediger sowie andere christliche Personen festgestellt, dass in diesem nützlichen Buch noch weitere Gebete und Seufzer zu finden sein könnten. Auch mancherlei Vers- und Reimzeilen wurden in einzelnen Formulierungen verändert, und besonders im zwölften und letzten Kapitel wurden mehrere Gebete für schwangere und sterbende Kinder eingefügt. Deshalb wurde dies – und weiteres, was dienlich und erbaulich erschien – in dieser neunten Auflage bestmöglich von uns berücksichtigt.

Da jedoch auf Wunsch des Herrn Verlegers das Buch nicht größer werden sollte als die vorherige Ausgabe, haben wir an verschiedenen Stellen Inhalte gekürzt: historische Belegstellen, Beweisführungen aus den Kirchenvätern oder heidnischen Schriftstellern, die vom seligen Herrn Stöltzlin zwischen die Gebete und Seufzer eingefügt wurden, wurden entweder gänzlich weggelassen oder in kürzerer Form zusammengezogen. Anderes, das uns notwendig erschien, wurde eingefügt. Auch wurden vereinzelt neue Ermahnungs- und Erweckungsreden hinzugefügt, viele alte Gebete leicht erweitert, um sie auf weitere Situationen schwangerer oder gebärender Frauen zu beziehen. Viele alte Reim- und Verszeilen wurden geändert oder neue hinzugefügt. Ebenso wurden viele neue Gebete und Seufzer sowie verschiedene geistliche Lieder, die bei Gebärenden oft besonders erweckend wirken, eingefügt. Diese neuen Gebete, Seufzer, Lieder und Betrachtungen sind meist mit einem * Sternchen gekennzeichnet und wurden vom Herausgeber dieser erweiterten Auflage verfasst – einem Menschen, der Gott nach Seinem heiligen Willen in Amt und Ehestand viele Erfahrungen gemacht und daraus geschrieben hat.

Nur einiges davon sei hier erwähnt: Diese neue Auflage enthält, im Vergleich zur vorigen, auch Inhalte, die bisher nirgends zu finden waren, aber doch zu diesem Werk gehören. So etwa:

  • Kapitel I, Blatt 16 ff.: Zwei Gebete für christliche Eheleute, um eine friedliche und gesegnete Ehe;
  • Blatt 21: Besonders um Ehe- und Kindersegen; auch ein Gebet eines christlichen Ehepaares, das bisher unfruchtbar war, um gesegnete Leibesfrucht.

Ferner: Bisher war dieses Gebetbuch hauptsächlich für jene Frauen gedacht, die ehrenhaft, also im Ehestand, schwanger wurden. Diejenigen jedoch, die unehelich, durch vorehelichen Beischlaf, schwanger wurden, fanden darin bisher nichts, was eigens für sie geschrieben war – obwohl gerade sie und ihre unschuldigen Kinder doppelt nötig zu Gott flehen müssten. Deshalb wurde auf Blatt 66 ff. ein besonderes Gebet für eine Frau hinzugefügt, die unehelich schwanger wurde und nicht geheiratet wird. Und da es, soweit uns bekannt ist, bisher kein besonderes Gebet für in Unehre geborene Kinder gab, eine uns bekannte Person aber darüber sehr betrübt war, findet sich nun auch auf Blatt 68 ein Gebet eines unehelich geborenen Kindes.

Und da es Gottes unerforschlicher Ratschluss ist, dass bisweilen kleine Kinder tot zur Welt kommen oder gleich nach der Geburt ungetauft sterben – worüber Eltern sich sehr betrüben und über deren Seligkeit sowie über Leichenbestattung und Begräbnis unterschiedliche Gedanken hatten oder noch haben – wurde das entsprechende Dekret einer christlichen, ehrbaren Obrigkeit der Stadt Ulm aus dem Jahr 1699 hier wörtlich aufgenommen, zum Trost solcher Eltern. Ebenso das Formular mit schriftgemäßen Trostgründen und einem Gebet, wie es bei derartigen Begräbnissen gebraucht wird, Kapitel VIII, Blatt 330 ff.

Auch da erkannt wurde, dass vielleicht manche Paten oder Taufzeugen wenig oder gar nichts zu beten wissen für ihr Taufkind, findet sich in Kapitel IX, Blatt 390 ebenfalls ein Gebet dazu.

Besonders jedoch im zwölften und letzten Kapitel wurde mit Bedacht eine große Erweiterung und ein Zusatz vorgenommen: verschiedene Gebete und Seufzer der Eltern für ihre an unterschiedlichen Krankheiten schwer erkrankten Kinder – wie sie für diese zu Gott bitten, sie im Sterben ihm anbefehlen, segnen und dabei doch getrost bleiben sollen. Wer noch mehr solcher Gebete und Seufzer bei allerlei leiblichen Gebrechen von Kindern sucht, findet sie im Werk des Herrn Pfarrers Conrad Soflen: Notwendige Geistliche Kinderpflege, Ulm 1729.

Und für alle Arten von Krankheiten, leibliche Beschwerden, Operationen, Leistenbrüche, Bäderkuren usw., im Leben und im Tod, für Alte und Junge – dazu findet man ausführlich im Werk unseres seligen Herrn M. Bonifacius Stöltzlin: Bethesda oder Geistliche Hausapotheke und Seelencur, besonders für Pfarramtskandidaten und Prediger sehr nützlich. Ulm, 1697.

Man hat bisher – besonders auf dem Lande – häufig und wiederholt festgestellt, dass man bei gebärenden Frauen nur selten oder gar kein Gebetbuch fand, aus dem sie sich in solcher Kindsnot ein oder mehrere Gebete hätten vorsprechen lassen können. Dabei hätten viele – insbesondere, wenn die Geburt schwer verläuft, sich in die Länge zieht oder andere sorgvolle Umstände auftreten, oder wenn gar das neugeborene Kind notgetauft werden muss – großen Trost und Stärkung darin gefunden, wenn man ihnen aus Gottes heiligem Wort sowie aus andächtigen Gebeten, Seufzern und Herzensworten hätte zusprechen können.

Daher wäre es sehr lobenswert, wenn in jeder Gemeinde, in der es mehrere Hebammen gibt, jeder von ihnen (auf Gemeindekosten – die ja nicht hoch wären) ein solches Buch angeschafft würde. Dieses könnte dann, sooft eine Hebamme zu einer Gebärenden gerufen wird, mitgenommen werden. Daraus könnten sowohl sie selbst als auch andere Anwesende der Gebärenden in allen auftretenden Umständen Trost zusprechen.

Da es außerdem bei manchen Hebammen an ausreichender Kenntnis und Erfahrung mangelt – sodass sie nicht einmal die notwendigsten Handgriffe und Maßnahmen bei Gebärenden, Wöchnerinnen und ihren Kindern kennen –, wodurch schon vielen Müttern großes Unglück widerfahren ist, oft nur aus Unwissenheit –, wurde dieser erweiterten Auflage ein Anhang beigefügt: ein äußerst nötiger und nützlicher Unterricht für Hebammen und andere entsprechende Personen.

Dieser Anhang enthält:

  • Belehrung über die Zeugung des Menschen,
  • Unterweisung über das Amt, den Beruf, die Immunitäten und Freiheiten der Hebammen,
  • sowie bewährte medizinische Mittel für alle möglichen Zwischenfälle bei gebärenden, im Kindbett liegenden Frauen und ihren Kindern.

All dies wurde aus anerkannten medizinischen Schriften entnommen und zudem durch einen angesehenen Arzt der wohlberühmten Stadt Ulm geprüft. Auch wurden verschiedene häusliche Heilmittel (Remedia domestica) und sichere Hausrezepte ergänzt, über die im Bericht dieses Anhangs Genaueres mitgeteilt wird.

Dabei sei noch angemerkt, dass man diesen Unterricht für Hebammen entweder zusammen mit dem „Geistlichen Adlerstein“ – dem Gebetbuch für schwangere und gebärende Frauen – oder auch separat beim Verleger erwerben kann.

Wie Gott die früheren Ausgaben dieses „Geistlichen Adlersteins“ bereits reich gesegnet hat – wovon auch zeugt, dass seit einiger Zeit kein einziges Exemplar mehr erhältlich war – so ist kein Zweifel, dass Gott der Herr auch auf diese neu vermehrte Auflage seinen reichen Segen legen wird: sowohl beim Herrn Verleger, der damit dem Publikum gute Dienste erweist, als auch ganz besonders an den Seelen christlicher schwangeren und gebärenden Frauen, und allen anderen, die hierin Weisung und Trost suchen.

Nun ja! Der Herr Jesus Christus, der von einer reinen und unbefleckten Jungfrau zum Heil des ganzen Menschengeschlechts wahrer Mensch geboren wurde, lege auf dieses in jeder Hinsicht wohlgemeinte und heilige Werk seinen göttlichen Segen, zur Ehre seines heiligen Namens und zur reichen Erbauung vieler Seelen.

Leipheim, in der ehrenwerten Herrschaft der Stadt Ulm, im Jahr 1732, am Freitag, dem Tage der Heiligen Salome, dem 24. Oktober, ein Jahr nachdem ich ganz unverhofft den göttlichen Ruf zu dieser Pfarrstelle hier erhalten habe.

Dies wünscht und bittet von Herzen:

Conrad Daniel Kleinknecht,
Evangelischer Pfarrer zu Ulm.

Quelle: Bonifacii Stöltzlins Geistlicher Adler-Stein, das ist: Christlicher Unterricht, bestehend in geistreichen und schriftmäßigen Gebeten und Seufftzern für schwangere und gebährende Frauen, vor- in- und nach der Geburt…: deßgleichen für christliche Eltern, wenn ihren liebe junge Kinder krank werden oder sterben, besonders auch tröstlich (EA 1652), Ulm: Samuel Wohler, 1747, Vorrede.

Hier der Text als pdf.

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