Martin Luthers Aufruf zur gewaltsamen Verfolgung der aufständischen Bauern in seinem Brief an Johann Rühel vom 4. Mai 1525: „Deshalb soll Seine Gnaden das Schwert zur Strafe der Bösen gebrauchen, solange eine Ader sich im Leibe regt. Wird es Seiner Gnaden mit Gewalt aus der Hand geschlagen, so soll man’s leiden und Gott heimgeben, der es zuvor gegeben hat und zurücknehmen kann, wann und womit er will. So kann also mit gutem Gewissen den Pflichten des Standes gefolgt und angehangen werden bis in den Tod um Gottes Wortes willen, welches denselben, solange es währt, so verordnet hat. Das ist so, wie jemand von keinem anderen guten Werk ablassen soll, es werde ihm denn mit Gewalt unmöglich gemacht, und im Streit niemand von seinem Vorteil weichen oder zu streiten ablassen soll, er werde denn überwältigt.“

Briefe an Johann[es] Rühel, Rat des Grafen Albrecht von Mansfeld, während des Bauernkrieges 1525

Von Martin Luther

Seeburg, 4. (5.?) Mai 1525

Über Eure mir beim Abschied mitgeteilte Nachricht habe ich diesen ganzen Weg über immer nachgedacht, dass ich auch hier davon schreiben muss. Und bitte erstens, dass Ihr meinen gnädigen Herrn Graf Albrecht in dieser Sache nicht weich machen helfet, sondern sie gehen lasst, wie S. G. [Seine Gnaden] angefangen hat, obwohl der Teufel durch seine besessenen Glieder darüber zorniger und wütender wird. Denn hier ist Gottes Wort, das nicht lügt, welches Röm. 13, 4 sagt: »Er trägt das Schwert nicht umsonst« usw., sodass gar kein Zweifel ist, sein Grafenstand sei von Gott verordnet und befohlen. Deshalb soll Seine Gnaden das Schwert zur Strafe der Bösen gebrauchen, solange eine Ader sich im Leibe regt. Wird es Seiner Gnaden mit Gewalt aus der Hand geschlagen, so soll man’s leiden und Gott heimgeben, der es zuvor gegeben hat und zurücknehmen kann, wann und womit er will.

So kann also mit gutem Gewissen den Pflichten des Standes gefolgt und angehangen werden bis in den Tod um Gottes Wortes willen, welches denselben, solange es währt, so verordnet hat. Das ist so, wie jemand von keinem anderen guten Werk ablassen soll, es werde ihm denn mit Gewalt unmöglich gemacht, und im Streit niemand von seinem Vorteil weichen oder zu streiten ablassen soll, er werde denn überwältigt.

Denn obgleich der Bauern noch mehr Tausende wären, so sind es dennoch allesamt Räuber und Mörder, die das Schwert aus eigener Vermessenheit und Frevel nehmen und Fürsten und Herren und alles vertreiben, neue Ordnung in der Welt machen wollen, wozu sie von Gott weder Gebot, Macht, Recht noch Befehl haben, wie es die Herren jetzt haben. Dazu sind sie an ihren Herren treulos und meineidig. Darüber hinaus führen sie den Namen des göttlichen Wortes und Evangeliums zu Schanden und Unehren, zu ihren solch großen Sünden. Wenn ihnen Gott aus Zorn gleich gestattet, mit der Tat, ohne alles Recht und Befehl Gottes, ihr Vorhaben auszuführen, so müsste man’s leiden – wie wenn sonst jemand Unrecht leidet oder leiden muss und doch nicht dreinwilligt, dass sie recht daran täten.

Ich hoffe aber noch fest, es soll keinen Fortgang oder doch wenigstens keinen Bestand haben, obwohl Gott durch die allerheillosesten Leute zuweilen die Welt plagt, wie er es mit den Türken getan hat und noch tut.

Dass sie aber vorgeben, niemand zu beschädigen noch Leid zu tun, ist des Teufels Spott. Heißt das nicht Schaden tun: Herren verjagen und totschlagen? Wollen sie niemandem schaden, warum versammeln sie sich denn und gebieten, man solle ihrem Vorhaben weichen? Niemandem Schaden tun und doch alles nehmen – so täte der Teufel auch wohl, wenn man ihn machen ließe, wie er wollte, und »schadete niemand«.

Auch gibt es keinen Grund dafür, dass sie Herren vertreiben wollen, als lauter Mutwillen. Warum bessert man nicht, was böse daran ist? Man sehe der S. Regiment an, welches auch so angefangen hat und ärger ist, als es je gewesen ist, und noch keine Furcht noch Zucht, sondern eitel Kriegsvolk drinnen ist. In Summa, will Gott seinen Zorn über uns gehen und Deutschland verwüsten lassen, so sind die Gottesfeinde und Lästerer, Räuber und Mörder, wie diese treulosen und meineidigen Bauern, gut dazu. Dann leiden wir’s und nennen sie Herren, so wie die Schrift den Teufel »Fürsten und Herrn« nennt (Joh. 14, 30; Eph. 2, 2; 6, 12). Aber Gott behüte alle frommen Christen, dass sie in nichts einwilligen noch anbeten, wie er Christus Matth. 4, 1 versuchte, sondern widerstehen (soll man) mit Mund und Händen, solange man immer kann, und darüber in Gottes Namen sterben.

Erbieten sie sich, niemand zu beschädigen, wo wir nur ihnen weichen, so erbieten wir uns wieder, ihnen zu weichen und bekennen, wenn es sein muss, dass sie als die treulosen, meineidigen Gotteslästerer und Räuber über uns herrschen, wozu sie kein Recht von Gott, sondern eitel Eingeben vom Fürsten dieser Welt haben, wie er sich Matth. 4, 8 rühmt, er habe aller Welt Gewalt und Ehre und gebe sie, wem er will. Das ist beides wahr, wo Gott es verhängt und ihm nicht wehrt.

Und ich (als dem es auch gilt, denn der Teufel will mich schlechterdings tot haben) merke das wohl, dass er (darüber) zornig ist, dass er bisher weder mit List noch mit Macht etwas vermocht hat und denkt, er wolle mein loswerden, und sollte er sein Höchstes versuchen und die ganze Welt ineinandermengen; dass ich schier glaube und mich fast dünkt, ich sei des Teufels Ursache, dass er solches zurichtet in der Welt, damit Gott die Welt plage.

Wohlan, komme ich heim, so will ich mich mit Gottes Hilfe zum Tode bereiten und meiner neuen Herrn, der Mörder und Räuber, warten, die mir sagen, sie wollen niemandem etwas tun. Gleichwie jener Straßenräuber tat, der zu dem guten Fuhrmann sprach: Ich will dir nichts tun, gib mir aber, was du hast, und fahre, wie ich will; wo nicht, so sollst du sterben. O, eine schöne Unschuld! Wie schön schmückt der Teufel sich und seine Mörder! Aber ehe ich billigen und für recht erklären wollte, was sie tun, wollte ich eher hundert Hälse verlieren, auf dass mir Gott in Gnaden helfe.

Und kann ich’s schicken, ihm zum Trotz, will ich meine Käthe noch zur Ehe nehmen, ehe ich sterbe, wenn ich höre, dass sie fortfahren. Ich hoffe, sie sollen mir doch nicht meinen Mut und Freude nehmen. Dass sie aber nicht Müntzerisch sein sollten, das glaube ihnen ihr eigener Gott (d. h. der Teufel) und sonst niemand. Solches schreibe ich Euch, dass Ihr auch getrost seid und andere tröstet und besonders meinen gnädigen Herrn Graf Albrecht.

Haltet an, dass Seine Gnaden nur frisch fortfahre, Gott die Sachen anheimgebe und seinem göttlichen Befehl, das Schwert zu führen, Genüge tue, solange er immer kann. Das Gewissen ist hier doch sicher, ob man gleich darüber untergehen muss. Und umgekehrt: Wenn jene gleich die Fürsten straften und vertilgten und darin Gottes Zorn dienten, so würde er ihnen doch das höllische Feuer zum Lohn geben. Es ist eine kurze Zeit, so kommt der Richter, der beide, sie und uns, finden wird: uns mit Gnaden, wenn wir ihre Gewalt und Frevel leiden; sie mit Zorn, weil sie das Schwert selbst nehmen, durch welches sie auch umkommen werden, wie Christus solch Urteil gefällt hat, Matth. 26, 52. Es kann doch ihr Tun und Sieg nicht bleiben noch lange bestehen. Grüßet mir Eure liebe Rebe.

WA.Br 3, Nr. 860, S. 480-482.

23. Mai 1525

Ich danke Euch, achtbarer Herr und Schwager, für Eure Neuigkeiten, die ich immer gern erfahren hätte, besonders, wie sich Thomas Müntzer verhielt. Bitte lasst mich weiter wissen, wie er gefunden und gefangen worden ist und wie er sich gestellt hat; denn es ist nützlich zu wissen, wie der hochmütige Geist sich gehalten hat.

Dass man mit den armen Leuten so greulich verfährt, ist ja erbärmlich. Aber was soll man tun? Es ist nötig, und Gott will’s auch haben, dass eine Furcht und Scheu in die Leute gebracht werde. Wo nicht, so täte der Satan viel Ärgeres. Ein Unglück ist besser als das andere. Es ist Gottes Urteil (Matth. 26, 52): »Wer das Schwert nimmt, der soll durchs Schwert umkommen.« Das ist tröstlich, dass der Geist an den Tag gekommen ist, damit die Bauern hinfort wissen, wie unrecht sie haben und vielleicht ihre Rotterei lassen oder verringern werden. Lasst Euch nicht so hart bekümmern; denn es wird vielen Seelen zugutekommen, die dadurch abgeschreckt und erhalten werden.

Mein gnädigster Herr, der Kurfürst, ist an dem Tag, da ich von Euch schied (5. Mai), zwischen fünf und sechs Uhr (früh), fast um die Zeit, da Osterhausen verdorben ward, mit sanftem Mut, frischer Vernunft und Verstand verschieden, hat das Sakrament in beiderlei Gestalt genommen und keine letzte Ölung. Ist auch ohne Messen und Vigilien von uns, und doch fein herrlich bestattet. Man hat etliche Steine in seiner Lunge gefunden und sonderlich drei in der Galle (was verwunderlich ist), fast so groß wie der Vierlingsgroschen und so dick, wie ein halber kleiner Finger dick ist. Er ist auch am Stein gestorben, aber keiner ist in der Blase gefunden worden.

Vom Aufruhr hat er noch nicht viel gewusst, hat aber seinem Bruder geschrieben, er solle ja zuvor alle Wege der Güte suchen, ehe er es zur Schlacht kommen ließe. So ist er christlich und selig gestorben. Das Zeichen seines Todes war ein Regenbogen, den wir, Philipp und ich, in einer Nacht im letzten Winter über der Lochau sahen, und ein Kind, das hier in Wittenberg ohne Haupt und noch eines, das mit umgekehrten Füßen geboren ist.

Hiermit Gott befohlen und grüßet mir Eure Hausrebe mit ihren Trauben.

WA.Br 3, Nr. 874, S. 507f.

30. Mai 1525

Ich danke Euch, mein lieber Herr Doktor und Schwager, für Euren Dienst mit den Neuigkeiten. Gott gebe dem Jammer ein Ende mit Gnaden, wie wir bitten und hoffen sollen. Dass die Leute mich einen Heuchler schelten, ist gut, und ich höre es gern. Lasst es Euch auch nicht wundern, da Ihr nun etliche Jahre lang wohl mehr gehört habt, wie man mich zerscholten und mir in vielen Stücken nachgeredet hat, die alle mit der Zeit von selbst zunichte und zuschanden geworden sind. Ich müsste viel Leders haben, sollte ich einem jeden sein Maul zuknebeln. Es ist genug, dass mein Gewissen vor Gott sicher ist. Der wird es recht richten, was ich rede und schreibe. Es soll und wird so gehen, wie ich geschrieben habe, da hilft nichts dagegen.

Dass man den Bauern Barmherzigkeit wünschen will: Sind Unschuldige darunter, die wird Gott wohl erretten und bewahren, wie er Lot (1. Mose 19, 15 ff.) und Jeremia (38, 13 ff.; 39, 14 ff.) tat. Tut er es nicht, so sind sie gewiss nicht unschuldig, sondern haben zumindest geschwiegen und eingewilligt. Auch wenn sie das aus Schwäche und Furcht taten, so ist es dennoch unrecht und vor Gott sträflich, ebenso wie wenn jemand Christus aus Furcht verleugnet. Deshalb schreibe ich auch desto härter gegen die Bauern, weil sie solche Furchtsamen zu ihrem Mutwillen und Gottes Strafe zwingen und nötigen und damit nicht aufhören.

Der weise Mann sagt: »Cibus, onus et virga asino, in einen Bauern gehört Haberstroh.« Sie hören nicht das Wort und sind unsinnig: So müssen sie den Stock, d.h. die Geschütze hören, und es geschieht ihnen recht. Bitten sollen wir für sie, dass sie gehorchen; wo nicht, so gilt hier nicht viel Erbarmen; lasse nur die Geschütze unter sie sausen, sie machen es sonst tausendmal schlimmer.

An den Bischof (Albrecht von Mainz) will ich schreiben und Euch davon eine Abschrift schicken. Man hat dem Thomas Müntzer nicht die richtigen Fragestellungen gegeben; ich hätte ihn ganz anders befragen lassen. So ist sein Bekenntnis nichts anderes als eine teuflische, verhärtete Verstockung in seinem Vorhaben. Bekennt er doch, kein Übel getan zu haben, sodass ich mich davor entsetze und nicht gemeint hätte, dass es möglich sein sollte, dass ein menschliches Herz so tief verstockt sein könnte.

Wohlan, wer den Müntzer gesehen hat, der kann sagen, er habe den Teufel leibhaftig gesehen in seinem höchsten Grimm. O Herr Gott, wenn solcher Geist auch in den Bauern ist, wie höchste Zeit ist es, dass sie erwürgt werden wie die tollen Hunde! Denn der Teufel fühlt vielleicht den Jüngsten Tag, darum denkt er, die Grundfeste zu erschüttern und alle höllische Macht auf einmal zu beweisen. Das sind Zeiten, meine ich. Nun, Gott lebt und regiert noch, wird uns doch nicht verlassen; seine Güte ist näher, mächtiger und klüger als des Satans Wüten und Toben.

Es ist das Gerücht aufgekommen, der Schösser zu Allstedt soll zu dritt gerichtet sein, wir hoffen aber, es sei erlogen. Dasselbe wird von Doktor Strauß gesagt. Grüßet mir Eure liebe Rebe, meine Schwägerin Hanna, mit ihren Trauben! Hiermit Gott befohlen.

WA.Br 3, Nr. 877, S. 515f.

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