Zu 1. Petrus 1,-3-9 (Quasimodogeniti)
Von Hans Joachim Iwand
Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten, zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das aufbewahrt wird im Himmel für euch, die ihr aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt werdet zur Seligkeit, die bereit ist, daß sie offenbar werde zu der letzten Zeit.
(1. Petrus 1,3-5)
Der Glaube, den die sichtbare Welt uns abnötigt, ist Ostern begraben. Er liegt hinter uns wie das leere Grab hinter dem Auferstandenen. Aus dieser Todeskammer sind wir auferstanden, um nie wieder dahin zurückzukehren. Wer würde auch gern ins Totenreich umkehren! Vor uns liegt ein neues Land, ein »göttliches Erbgut« (wie Kanaan vor den Israeliten). Indem wir uns daraufhin ausrichten und ausrichten lassen, indem wir als in »Schutzhaft des Glaubens genommene« Menschen – ohne rechts und links zu sehen – dies Ziel unser Lebensziel sein lassen wie ein Steuermann, der sich hindurchkämpft durch die Wogen des Meeres, die ihm die Sicht nehmen, sind wir, was wir sind: »in aeternum renati« [in Ewigkeit Wiedergeborene]! …
Dank der Auferweckung Jesu Christi von den Toten gibt es für uns eine unzerstörbare Wirklichkeit, auf die hin wir in unserer neuen Existenz bezogen sind, ein »Erbe«, das unser ist, aber doch unserer Verfügung, ja, auch unserer Verantwortung entzogen bleibt. Wieder klingt das Loblied auf Gottes Macht hier auf. Was Gott setzt, dafür bleibt er verantwortlich. Unsere Verantwortung kommt von daher, aber sie erstreckt sich nicht nach dorthin, sie erstreckt sich nicht auf unser Erwähltsein und auf diesen »Schatz im Himmel« … Der Beziehungspunkt aller biblischen Aussagen liegt nie in der Existenz des Menschen, sondern die biblischen Aussagen beziehen unsere Existenz auf die Verheißung Gottes…
Das Verwahrtwerden … geschieht in der Kraft Gottes, nicht in der unseres Glaubens. Der uns verwahrt, tut es in derselben Kraft, die den Tod in Jesus Christus zerbrach. Sie holt auch uns aus dem Grab unseres Unglaubens heraus und bewahrt uns fortan. Sie verwahrt uns. Es bedarf also schon einer solchen Kraft, die der Macht des Todes überlegen ist, wenn wir in unseren mannigfachen peirasmoí [Prüfungen] bestehen, wenn wir jenes Erbe nicht preisgeben sollen. Es geht heute eine Tendenz durch unsere protestantische Theologie, diese Entscheidung dem Glauben selbst aufzubürden. Man möchte den Menschen als den glaubenden zum Träger seines Heils machen … Unser Brief tut das wohlweislich nicht. Er weiß um die Lage wirklicher Anfechtung Bescheid … Darum begegnet uns hier der Glaube in dienender Funktion … Der Glaube in uns korrespondiert diesem Wache-Halten Gottes über uns. Gott wacht, und wir sollen auch wachen. Gott hat die Verfügung über das Erbe, das unser ist, in seine Hand genommen.
Quelle: Morgenröte der Verheißung. Texte zum Kirchenjahr von Hans Joachim Iwand, hrsg. v. Christa Charlotte Lauther, Neukirchen-Vluyn: Neukirchener, 1990, S. 59f.