Friederike Popp, Segnen und ein Segen sein: „Ich bitte um Segen und segnend danke ich, gebe den erhaltenen Segen zurück an Gott oder weiter an die Menschen. Ich will die Gegenwart Gottes in den Dingen, in den Menschen, in meinem Leben nicht nur ahnen, ich will sie spüren.“

Segnen und ein Segen sein

Von Friederike Popp

Im Uranfang der Geschichte des biblischen Volkes rief Gott Abraham aus seinem Land heraus und sprach ihm eine Verheißung zu: „Ich will dich segnen, und du sollst ein Segen sein.“

Was ist das: Segen? Was heißt das: ein Segen sein? Segen ist ein Geschenk, die Zuwendung des barmherzigen, menschenfreundlichen Gottes. Segen berührt uns wie das sanfte Morgenlicht oder ein milder Frühlingsregen. Es kann etwas in uns wachsen, sich bewegen und heranreifen. Ein Leben, über dem Gottes Segen liegt, ist reich und tief, sicherlich nicht immer leicht, aber es ist erfüllt. Wo von Gott Gutes zu mir kommt, sagen wir „segnen“, wo Gutes von mir ausgeht, wo ich dankbar das Geschenk in Gottes Hand zurückgeben will, da sagen wir „danken“.

Segen ist ein großes, unbegreifliches Geschenk Gottes. Und weil es so unbegreiflich ist und doch so nah, darum brauchen wir Wege, dieses Geheimnis im Alltag zu entdecken. Bei manchen Völkern, die einen schlichten und tiefen Glauben leben, gibt es die Tradition der Segens­sprüche. Die Menschen spüren in den ganz alltäglichen Dingen das Geheimnis der Gegenwart Gottes. Dinge ohne Segen sind einfach Dinge. Aber die Wirklichkeit liegt darin, wie ich mit diesen Dingen umgehe, welche Beziehung ich zu ihnen finde:

Ich schaue einen Sonnenaufgang – und bitte um Segen für den anbre­chenden, neugeschenkten Tag.

Ich schaue eine schöne Landschaft, einen Baum, höre die Vögel – und möchte ein Dankgebet sprechen.

Ich nehme Brot in die Hand – und weiß, daß alles Geschenk ist, vom reifenden Samenkorn bis zur Tischgemeinschaft. Dafür will ich danken mit einem Tischgebet oder dem Brotsegen.

Ich bitte um Segen und segnend danke ich, gebe den erhaltenen Segen zurück an Gott oder weiter an die Menschen. Ich will die Gegenwart Gottes in den Dingen, in den Menschen, in meinem Leben nicht nur ahnen, ich will sie spüren. Und so übe ich mich ein, indem ich die Dinge und Augenblicke des Alltags mit einem Segensspruch verbinde und mich damit einbinde in Gottes gegenwärtigen Segen. Ich übe mich ein, vielleicht beim Aufstehen und beim Schlafengehen, beim Anblick eines Sonnenaufganges, bei Begegnungen mit Menschen, die mir lieb sind. denen ich Gutes, ja Segen wünsche, vor dem gemeinsamen Essen, vor Beginn einer Reise…

Ich traue mich einfach! Ich wage es, dem Geheimnis des Segens nachzu­spüren, und es gelingt mir nur, wenn ich es tue!

Quelle: Glaubenswege. Verkündigung gestalten, hrsg. v. Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder (VCP), Landesverband Bayern, Nürnberg o.J. [1990], S. 74f.

Hier der Text als pdf.

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