Peter Graf Yorck von Wartenburg, Abschiedsbriefe vor der Hinrichtung (1944): „Dass Gott es so geführt hat, wie es gekommen ist, ge­hört zu der Unerforschlichkeit Seiner Ratschlüsse, die ich de­mutsvoll annehme. Ich glaubte mich durch das Gefühl der alle niederbeugenden Schuld getrieben und reinen Herzens. Ich hoffe deshalb auch zuversichtlich, in Gott einen gnädigen Rich­ter zu finden. … Als wir vom letzten Abendmahl hinweggin­gen, da fühlte ich eine fast unheimliche Erhabenheit, ich möchte es eigentlich Christusnähe nennen. Rückblickend scheint sie mir als ein Ruf.“

Abschiedsbriefe vor der Hinrichtung

Von Peter Graf Yorck von Wartenburg

Peter Graf Yorck von Wartenburg (1904-1944), Mitglied des Kreisauer Kreises, wurde noch am Abend des 20. Juli 1944 im Bendlerblock verhaftet, am 8. August 1944 durch den Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und am selben Tage in Berlin-Plötzensee erhängt.

Aus dem Abschiedsbrief an die Mutter

Am Ende eines an Liebe und Freundschaft überreich gesegne­ten Lebens habe ich nur Dank gegen Gott und Demut unter Seinen Willen. Daß ich Dir diesen Kummer bereite, ist mir ein sehr großer Schmerz nach alledem, was Du an Traurigem er­leben mußtest. Ich bitte Dich, mir das von ganzem Herzen zu vergeben. Ich habe über zwei Wochen Zeit gehabt, mich und mein Handeln vor Gott zu stellen und bin überzeugt, in ihm einen gnädigen Richter zu finden. Das Ausmaß an innerer Not, das Menschen wie ich in den letzten Jahren zu durchleben hatten, ist gewiß nicht von denen zu verstehen, die ganz von ihrem Glauben beseelt sind, den ich nun einmal nicht teile. Dich darf ich versichern, daß kein ehrgeiziger Gedanke, keine Lust nach Macht mein Handeln bestimmte. Es waren lediglich meine vaterländischen Gefühle, die Sorge um mein Deutschland, wie es in den letzten zwei Jahrtausenden gewachsen ist, das Be­mühen um seine innere und äußere Entwicklung, die mein Handeln bestimmten. Deshalb stehe ich auch aufrecht vor mei­nen Vorfahren, dem Vater und den Brüdern. Vielleicht kommt doch einmal die Zeit, wo man eine andere Würdigung für un­sere Haltung findet, wo man nicht als Lump, sondern als

Mahnender und Patriot gewertet wird. Daß die wunderbare Be­rufung ein Anlaß sein möge, Gott die Ehre zu geben, ist mein heißes Gebet.

An seine Frau

… Wir stehen wohl am Ende unseres schönen, reichen, ge­meinsamen Lebens. Denn morgen will der Volksgerichthof über mich und die anderen zu Gericht sitzen. Ich höre, das Heer hat uns ausgestoßen; das Kleid kann man uns nehmen, aber nicht den Geist, in dem wir handelten. Und in ihm fühle ich mich den Vätern und Brüdern und auch den Kameraden ver­bunden. Daß Gott es so geführt hat, wie es gekommen ist, ge­hört zu der Unerforschlichkeit Seiner Ratschlüsse, die ich de­mutsvoll annehme. Ich glaubte mich durch das Gefühl der alle niederbeugenden Schuld getrieben und reinen Herzens. Ich hoffe deshalb auch zuversichtlich, in Gott einen gnädigen Rich­ter zu finden. … Als wir vom letzten Abendmahl hinweggin­gen, da fühlte ich eine fast unheimliche Erhabenheit, ich möchte es eigentlich Christusnähe nennen. Rückblickend scheint sie mir als ein Ruf.

… Mein Tod, er wird hoffentlich angenommen als Sühne aller meiner Sünden und als Sühneopfer für das, was wir alle gemeinschaftlich tragen. Die Gottesferne unserer Zeit möge auch zu einem Quäntchen durch ihn verringert werden. Auch für meinen Teil sterbe ich den Tod fürs Vaterland. Wenn der Anschein auch sehr rühmlos, ja schmachvoll ist, – ich gehe aufrecht und ungebeugt diesen letzten Gang, und ich hoffe nur, daß Du darin nicht Hochmut und Verblendung siehst. – Des Lebens Fackel wollten wir entzünden, ein Flammenmeer umgibt uns, welch ein Feuer!

Quelle: Helmut Gollwitzer/Käthe Kuhn/Reinhold Schneider (Hrsg.), Du hast mich heimgesucht bei Nacht: Abschiedsbriefe und Aufzeichnungen des Widerstandes 1933 – 1945, München: Chr. Kaiser Verlag, 1954, Seiten 271f.

Hier der Text als pdf.

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