am 31. März 1831
in der Dreifaltigkeitskirche zu Berlin
bei der Einsegnung des Fürsten Bismarck gehalten
von
D. Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher.
Herausgegeben im Einvernehmen
mit dem Gemeindekirchenrathe der Dreifaltigkeitskirche
von
Prof. v. Dr. Siegfr. Lommatzsch,
Kirchenältester.
Berlin,
Druck und Verlag von Georg Reimer.
1895.
Vorwort.
In dem Nachlasse Schleiermachers fanden sich drei sorgfältig nachgeschriebene Konfirmationsreden desselben aus den Jahren 1830, 1831 und 1832, welche, wie die vorhandenen Manuskripte erweisen, der frühere Verwalter dieses Nachlasses, der selige Prediger Jonas von der hiesigen Nicolaikirche zum Druck vorzubereiten begonnen hatte. Der Druck ist unterblieben; wahrscheinlich weil schon eine große Zahl von Predigten, darunter auch zwei Konfirmationsreden jenes berühmten Theologen zur Veröffentlichung gekommen waren. Da nun Fürst Bismarck im Jahre 1831 von Schleiermacher in der Dreifaltigkeitskirche zu Berlin eingesegnet worden ist, so schloß sich der Gemeindekirchenrath unserer Kirche dem Anträge des jetzigen Besitzers und Herausgebers an, die bei dieser Feier gehaltene Konfirmationsrede noch zn veröffentlichen. Einen Abdruck derselben übersandte er dem Fürsten Bismarck mit den nachstehend mitgeteilten Worten.
Der Herausgeber.
Berlin, den 25. März 1895.
Durchlauchtigster Fürst!
Zu Ew. Durchlaucht achtzigstem Geburtstage erlaubt sich der Gemeindekirchenrath der Berliner Gemeinde, der Sie drei Jahrzehnte hindurch angehört haben, die in diesen Tagen aufgefundene Rede, welche Schleiermacher in unserer Kirche bei Ew. Durchlaucht Konfirmation am 31. März 1831 gehalten hat, mit dem aus treuem und fürbittendem Herzen kommenden Wunsche ehrerbietigst zu überreichen, daß das Credo Ihrer Jugend auch noch Licht, Stab und Hoffnung Ihres Alters sein und bleiben möge.
Gehoben durch den Gedanken, daß an einem Punkte Ew. Durchlaucht Lebensgeschichte mit der unserer Gemeinde verflochten ist, welche in dem Konfirmationsspruch Ew. Durchlaucht die nicht wieder vergessene Lebenslosung darreichen durste, verharrt in unauslöschlicher Dankbarkeit Ew. Durchlaucht ehrerbietig ergebener
Gemeindekirchenrath
der Dreifaltigkeits-Gemeinde.
Kanzelrede an die Gemeinde.[1]
Meine andächtigen Freunde. Wir sind hier versammelt, um eine Anzahl unserer Jugend nach empfangenem Unterricht in die Gemeinschaft der Christen auszunehmen. Das ist nun nicht nur unsere eigene Angelegenheit, nicht nur ein wichtiger Zeitpunkt für diejenigen, welche sie [die Kinder] der christlichen Kirche darbringen, um Gott zu danken, daß er ihnen die Erkenntnis des Heils gegeben und ihn zu bitten, daß er sie auf dem richtigen Weg des Lebens erhalten möge: sondern es ist zugleich eine Angelegenheit der ganzen christlichen Kirche. Auf diesem Wege erneuert sie sich: wenn ein Geschlecht nach dem anderen von dem Schauplatz dieses irdischen Lebens abgefordert wird, dann pflanzt sich von dem einen auf das andere das Wort der Wahrheit fort; und wenn wir uns denken wollten, es käme von jedem früheren Geschlecht in das folgende immer mehr verdunkelt, es würde des Eisers für den Glauben, der Wärme der christlichen Liebe, der Reinigkeit eines gottähnlichen Lebens immer weniger, — so würden wir auch am Ende die Möglichkeit anerkennen müssen, daß die Segnungen des Ewigen wieder aufhörten, und die Menschen in den früheren unvollkommenen Zustand, wodurch sie nicht nur des Ruhmes bei Gott, sondern auch alles Friedens bei Gott und aller Gemeinschaft mit ihm entbehrten, zurückkehrten. Darum ist jede besondere Gemeinde und Versammlung von Christen der ganzen Christenheit Rechenschaft darüber schuldig, wie dies Geschäft, die Jugend in die Gemeinschaft der Christen aufzunehmen, unter ihr verwaltet wird.
Wenn wir nun, meine andächtigen Freunde, auch in unseren Tagen so vielerlei Klagen hören, daß es unter denen, die sich Christen nennen, eine große Menge gebe, die es nur dem Namen nach seien, aber nicht in der That, daß, wenn man alle Gelübde zusammen nimmt, die seit einem Menschenalter geleistet worden sind, und nun nach der Erfüllung der selbigen fragt, die Vergleichung gar sehr zum Nachteil der Gegenwart ausfallen würde. Wenn wir solcher Klagen so viele um uns her hören, so legen wir uns an solchem Tage billig die Frage vor, wie können wir dabei unser gutes Gewissen bewahren? wie können wir die Hoffnung hegen, daß wir, die wir an jedem solchen Tage im Namen der Christenheit handeln, auch wirklich im Sinn und Geist derselben gehandelt haben? Lasset uns deshalb zurückgehen auf den merkwürdigen Tag, welcher zuerst eine solche bedeutende Vermehrung der Anzahl der Jünger des Erlösers hervorbrachte, wie sie itzt nun jährlich an allen Orten der Christenheit erfolgt, und lasset uns vernehmen, was für einen Maßstab damals die Jünger des Heilandes dazu angelegt haben. So wird uns erzählt Apostelgesch. 2,41: „Die nun sein Wort gerne annahmen, ließen sich taufen; und wurden hinzugethan an dem Tage bis dreitausend Seelen. Sie blieben aber beständig in der Apostel Lehre und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet.“
Wenn wir diese Worte näher betrachten meine andächtigen Freunde, so müssen wir sagen, es scheint, als ob damals gar keine große Zurüstung gemacht worden sei zu einem so großen und segensreichen Werke. Die Rede des Apostels Petrus, die er im Namen der übrigen Jünger an eine große, versammelte Menge Volks hielt, war ursprünglich nichts anderes als eine Rede der Verteidigung gegen das, was leichtsinniger Frevel äußerte über die Art, wie sich das an ihnen offenbarte, daß sie erfüllt wurden von Kraft aus der Höhe, wie der Geist, der über sie ausgegossen war, der Geist der Wahrheit und des Trostes und der Kraft aus ihnen heraustrat. Aber um das zu erklären, mußte er dann freilich zurückgehen auf das, was der Inhalt jener großen Stunde für sie alle gewesen war, so lange sie noch für sich allein waren; er mußte das Volk zurückführen aus die Geschichten, von denen sie Alle Zeugen gewesen waren, nämlich auf das Leben und den Tod des Erlösers; er mußte ihnen zu Gemüte führen, wie sie selber, wiewohl nur gehorchend denen, die gewohnt waren einen großen Einfluß in allen geistigen Dingen über sie auszuüben, doch mehr oder weniger Teil genommen hatten daran: daß der Erlöser den Händen der Heiden überliefert und den Tod am Kreuz gestorben war; er teilte ihnen mit, was sie selber erfahren von der Auferstehung und dem Glauben, von dem sie erfüllt waren, und lud sie ein, so sie wollten Teil haben an der Erfüllung der Verheißung, daß der Geist Gottes sollte ausgegossen werden über alles Fleisch: so sollten sie sich trennen von denen, die die eigentliche und erste Schuld am Tode des Erlösers gewesen waren, sollten Buße thun darüber, daß sie ihn nicht ausgenommen und ihn verworfen hatten: dann würden sie Teil haben an eben der Verheißung, so sie sich in diesem Bekenntnis taufen ließen aus die Vergebung der Sünden. Das war die Rede des Apostels, und nun wird erzählt: „die dies Wort gern annahmen, die ließen sich taufen, und die mit ihrem Willen erklärten, daß sie begehrten getauft zu sein auf den Namen des Heilandes, die wurden auch getauft, und so wurden hinzugethan an 3000 Seelen.“ — Sollten wir da nicht fragen, meine geliebten Freunde, ob das wohl auch eine hinlänglich reife Ueberlegung gewesen sei, ob hier eine besondere Prüfung der Einzelnen möglich gewesen sei, ob es möglich gewesen sei, die, welche sich von einer augenblicklichen Rührung Hinreißen ließen, zu unterscheiden von denen, welchen das Wort wirklich auf eine bleibende Weise durchs Herz gegangen war? und wir werden sagen: nein! Für menschliche Augen sichtbare Mittel zu unterscheiden find nicht angewendet worden, in eine genaue Prüfung der Einzelnen ist nicht eingegangen worden; aber an einem Tage, wie jener war, da rechnen wir aus die außerordentliche Wirksamkeit des göttlichen Geistes; das war nicht ein Tag, wie jeder andere in der Christenheit, und schwerlich mögen wir wagen, solche Tage, wie wir sie in dieser Zeit in unsern christlichen Gemeinden feiern, mit jenem zu vergleichen. Aber doch meine teuren Freunde, wo Unterricht im Worte Gottes vorangegangen ist, da ist auch Darstellung des Erlösers vorangegangen, in seinem Leben und seinem Leiden, in seinem Tod und seiner Auferstehung, in seiner Erniedrigung und in seiner Herrlichkeit; da ist das Wort vielfältig ausgesprochen, und vielfältig ans Herz gelegt worden, daß er dahingegeben sei in den Tod um unsrer Sünde willen, und daß er durch seinen Tod der Herrschaft der Sünde ein Ende gemacht habe. Und das ist das Wort, wovon in unsrem Text es heißt, daß die, die es gerne annahmen, auch ohne Bedenken von dem Apostel getauft wurden.
Fragen wir nun, was ist denn der Erfolg gewesen, der von jener großen Begebenheit uns erzählt wird; so habe ich das Wesentliche davon gleich in meine Vorlesung ausgenommen: „Sie blieben aber beständig in der Apostellehre und in der Gemeinschaft und in der Brotbrechung und im Gebet“. Dazu wurden sie geweiht, indem sie getauft wurden aus den Namen Jesu zur Vergebung der Sünden; und in diesem Bleiben bei der Apostellehre und in allem, was sonst noch genannt wird, da lag auch die natürliche von Gott geordnete Ausgleichung aller Ungleichheiten, die natürlicher, ja unvermeidlicher Weise auch stattsanden unter diesen 3000. Gewiß war die Bewegung des Gemütes nicht bei allen dieselbe, gewiß war die Ueberzeugung von der Wahrheit dessen, was Petrus sagte, nicht bei allen dieselbe, gewiß standen nicht alle in demselben Licht des Glaubens und nicht alle in denselben Thränen der Buße: aber sie nahmen das Wort gern an und ließen sich taufen. Dadurch wurden sie zusammengefaßt in diese Gemeinschaft des christlichen Lebens und des heiligen Sakraments unsres Erlösers und des Gebets, und in dieser sollten sie dann immer mehr und mehr einander gleich werden, und je näher sie dem Ziel der christlichen Vollkommenheit kamen, desto mehr sollten die anfänglichen Unterschiede verschwinden. Sollen wir, meine geliebten Freunde, nicht dieselbe Hoffnung hegen? Wir hier unsers Orts können diese Fragen verhältnismäßig gewiß mit einer großen Ruhe auswerfen; hier wird dafür gesorgt, soweit es möglich ist, daß der christliche Unterricht der Jugend nicht übereilt werde, nicht in einem zu kurzen Zeitraum zusammengefaßt; hier haben sie auf alle Weise eine reichliche Gelegenheit, so sie es selber wollen, zuzunehmen in der Klarheit der Erkenntnis und sich zu bereiten für das große Werk Gottes an ihren Seelen. Aber freilich nicht überall kann es so sein. Je mehr es noch unter unsern Brüdern solche giebt, die niedergedrückt sind in ihrem ganzen häuslichen Leben von den irdischen Sorgen, je zeitiger die Jugend angehalten werden muß zu dem geschäftlichen Leben des Erwerbs wegen, desto leichter kann es freilich geschehen, daß nicht der gleiche Fleiß angewendet werden kann auf die einzelnen Seelen, daß nicht in demselben Maße ihr dargelegt werden kann und vorgehalten das göttliche Wort, und daß in unleugbarer Mangelhaftigkeit sie doch eintreten in die Gemeinde der Christen. Wenn wir aber klagen, es gebe so viele, die nur dem Namen nach Christen seien, der That nach aber nicht, so müssen wir freilich sagen: wenn sich das so verhielte, so läge der Fehler darin, daß nicht durch die rechte Art die Gemeinde der Christen vermehrt und erneuert werde. Und da freilich kommt uns noch eine andere Entschuldigung entgegen. Es ist nicht allein eine Sache der Gemeinschaft der Christen, daß die Jugend in die Gemeinde ausgenommen wird, es ist zugleich, so wie die Sachen bei uns stehen, eine Angelegenheit des bürgerlichen Lebens, sie müssen sich ausweisen können als Mitglieder der Kirche bei dieser oder jener Gelegenheit, zu diesem oder jenem Behufe, welcher bloß das äußerliche Leben angeht. Allein auf der anderen Seite, werden wir auch gestehen mästen: wenn das nicht wäre, würde es dann viel anders unter uns sein, als es jetzt ist? Würde nicht die Gewalt der herrschenden Sitte und Meinung groß genug sein, um dennoch alle als solche darzustellen, die das Wort gern annehmen und hinzugethan werden wollen zur Gemeinschaft der Gläubigen? Das würde gewiß unter uns nicht fehlen. Die Zeiten scheinen vorüber zu sein, wo es gleichsam als Auszeichnung des Geistes galt und als ein vorzügliches Maß geistiger Freiheit, wenn einer, so deutlich es anging, zu erkennen gab, daß eigentlich die Gemeinschaft der Christen für ihn nur eine Sache des äußeren Scheins sei, daß er seine eigene Wahrheit habe, weit abweichend von der, welche die christliche Kirche bekennt, daß er sein Heil nicht suche in einem solchen Beistand, wie der des Erlösers und seines Geistes, sondern in seinen eigenen geistigen Kräften, — diese Zeiten, wo der Einzelne sich gern erhob in seinem Dünkel über den Weg, den alle wandelten, um zu ihrer Seligkeit zu gelangen, um sich des göttlichen Friedens zu erfreuen, diese Zeiten sind vorüber. Lastet uns (besten) freuen aus der einen Seite; aus der anderen werden wir sagen: gesetzt es gebe keinen Zwang der bürgerlichen Gewalt, so wird doch eben die Gewalt der öffentlichen Meinung und der herrschenden Sitte unsere Jugend veranlassen, ohne Unterschied, daß sie sich darstellte als solche, die das Wort gerne annehme und die hinzugethan werden wollte zu der Gemeinde der Christen. Auf einer anderen Seite müssen wir gestehen, daß es mit dieser Klage nicht im rechten christlichen Sinn und Geist genommen werde. Wie viele giebt es nicht unter unseren Brüdern, die ängstlich hängen an dem äußeren Buchstaben, ohnerachtet der Erlöser sagt, daß nur das Wort, was wahrhaft Geist und Leben ist, sein Wort ist, daß aber der Buchstabe tötet! Wie viele giebt es nicht, die alle diejenigen, die nicht in demselben Buchstaben und ähnlichen Worten ihren Glauben aussprechen, für solche erklären, die nicht Christen in der That, sondern nur dem Namen nach sind! Und doch, meine geliebten Freunde, hatte das Christentum angefangen, an diesem großen Tage mit einer Verschiedenheit der Sprachen und Zungen, womit die Jünger Gott lobten und seine großen Thaten priesen, doch war diese Verschiedenheit der Sprachen schon damals dem großen Hausen zum Spott gewesen und zum Gelächter; aber die, die des Geistes voll waren, wußten es wohl zu deuten und zu verstehen.
Früher, wissen wir, wird uns in den alten Geschichten des menschlichen Geschlechts erzählt, wie Gott, als die Menschen zusammenbleiben wollten auf einem engen Raum und ein großes sichtbares Zeichen errichten wollten, an welchem sie sich immer wieder zusammenfinden könnten, wie er sie hier durch die Verschiedenheit der Sprachen zerstreute auf dem Erdboden, damit sie alle Teile desselben ihrer Gewalt Unterthan machen sollten. Und so gehet es nun auch immer und zu allen Zeiten in der christlichen Kirche! Wenn die Christen unter sich ausrichten wollen ein solch‘ äußerliches Zeichen des Glaubens, um an dem gleichen Buchstaben sich wieder zuerkennen, und wähnen daran die Einheit des Geistes und eine enge Gemeinschaft zu haben; zerstöret sie der Herr doch wieder in eine Mannigfaltigkeit der Sprachen. Der tote Buchstabe verlieret seinen Wert, bald für den Einen, bald für den Andern, und alle Mühe die Gemeinschaft festzuhalten an solchem Buchstaben zeigt sich vergeblich! Der Geist will sein freies Walten haben, der Glaube will sich aussprechen aus die mannigfaltigste Weise. Jeder soll seine eigene Art haben, an der er sich selbst wiedererkennt in dem Verhältnis zu dem Erlöser, um sich selbst festzuhalten und selbst seinen Glauben Andern darzulegen und mitzuteilen, und in dieser Verschiedenheit des Buchstabens und Wortes soll doch sein die Einigkeit des Geistes und das Band des Friedens. So lastet uns denn in dieser Beziehung vor allem unsern Gesichtskreis erweitern, nicht nur den Kreis unserer geistigen Augen, sondern den Kreis unserer Liebe. Und so lastet uns die Gemeinschaft der Christen ansehn, in welche wir unsere Jugend aufnehmen. Was der Apostel sagte, als er vor dem hohen Rat stand zu Jerusalem: „es ist kein anderes Heil und ist kein anderer Name den Menschen gegeben, darinnen sie sollen selig werden, denn der Name Jesu Christi“ —; das, meine teuren Freunde, das ist das gemeinsame Bekenntnis, daran wir uns zu halten haben, das ist das Band der Einigkeit des Geistes, daß alle erkennen, Christus sei das Heil, das im Innern den Menschen aufgegangen ist, daß sie sich das, was sich im Laufe der Zeiten aus seiner Kraft und aus dem Bund der Liebe, den er gestiftet, entwickelt hat, aneignen, und daß hernach, wenn sie das Wort annehmen, sie auch bleiben in der Apostel Lehre, im Genuß des Sakraments und in der Gemeinschaft des Gebets im Namen Jesu, dem da ist verheißen die Erhörung und Gewährung von oben herab. Und in der That, meine Geliebten, wenn es auf diese Weise auch geschieht, daß hier und dort in den christlichen Gemeinden solche jungen Gemüter der christlichen Kirche als Glieder angeeignet sind, die noch nicht durchdrungen sind von der göttlichen Kraft des Wortes Christi, — das wissen wir doch, daß auch die in der Bearbeitung des göttlichen Geistes find und bleiben, und daß, was noch unvollendet ist, kann vollendet werden, wenn wir sie nur festhalten in dieser Gemeinschaft, wenn nur jeder seinen Beruf und sein Leben so vor ihren Augen darstellt, wenn nur jeder seinen Glauben und sein Leben so vor ihren Ohren äußert, daß ihnen das Heil, das in Christo ist, immer deutlicher werde aus den Werken, die es hervorbringt in der menschlichen Seele. Die aber, die diese Klagen erheben, möchte ich fragen: ob es bester würde, wenn die, von welchen sie glauben, sie seien nur Christen dem Namen nach, wenn diese ausgeschlossen würden von der Gemeinschaft der Christen: ob wir, vermöchten wir und dürsten wir es, ein wohlgefälliges Werk Gottes thäten, wenn wir das thäten: ob wir nicht dann dem Evangelium Grenzen setzten, welchem wir doch dienen sollen mit allen Kräften: ob sie nicht aus dem gesegneten Einfluß, den die Gemeinschaft der Gläubigen ausüben soll, ausgeschlossen würden, wenn sie erst ausgestoßen wären aus der Gemeinde selbst? Und so lastet uns dies Verhältnis auffassen, in welchem wir stehen zu dem unter uns Heranwachsenden Geschlecht! Betrachten wir es im ganzen Umfang unserer evangelischen Kirche, wo solche Handlungen alljährlich an solchen Tagen, wie der heutige ist, vorgenommen werden: so werden wir die große Verschiedenheit der Beschaffenheit derer, die ausgenommen werden, nicht ableugnen können, nicht nur eine Verschiedenheit im Gerade der Erkenntnis, sondern auch Verschiedenheit in der Art, wie ihr Gemüt bewegt wird. Aber je mehr es solche giebt, die für sich allein den rechten Weg nicht zu finden wissen, die der treuen Unterstützung, Pflege und Hülfe bedürfen: desto mehr sollten wir uns freuen, daß sie doch auf diese Art wenigstens das Wort gern annehmen und das besiegeln, was wir in Hoffnung aussprachen, als wir sie in den Tagen der Kindheit aufnahmen; desto mehr wollen wir uns freuen, daß wir sie festhalten können in der apostolischen Lehre und in der Kraft des Geistes, damit jeder fortwirken kann auf das junge Geschlecht und ein Recht dazu hat, weil es ja ausgenommen ist in die Gemeinde der Christen. Und so wollen wir freudig und guten Muts diesem Werke zusehen, wo es vorgehet in der evangelischen Kirche, die sich der freieren Verkündigung des göttlichen Wortes und einer helleren Einsicht des Evangeliums rühmt, und voll guter Hoffnung sein für jedes junge Gemüt, das ausgenommen wird, daß es immer weiter geleitet werde auf den Weg der Wahrheit, und daß alle in dem großen Zeugnis übereinstimmen werden, daß das Evangelium eine Kraft Gottes ist, selig zu machen, alle, die daran glauben. Wenn, meine geliebten Freunde, diejenigen, die ihre Kinder und Pfleglinge der Gemeinde des Herrn darstellen, wohl selber wissen, wie es um die Gemüter derselben beschaffen ist, so kann die große Gemeinschaft der Christen immer und überall nur eine große Verschiedenheit voraussetzen bei einer zahlreichen Jugend. Darum wollen wir dieser Verschiedenheit uns freuen, und indem wir sie anerkennen, uns doch freuen in der Überzeugung, daß auch itzt der Geist Gottes in der Kirche waltet, weil auch an jenem ersten Tage eine große Ungleichheit war in denen, die hinzugethan waren, daß auch alle Ungleichheiten immer mehr ausgeglichen werden in der Gemeinschaft des christlichen Lebens und des Sakraments und des Gebets. In dieser Hoffnung wollen wir uns aller solcher Tage und Stunden erfreuen und die christliche Jugend aus der einen Seite einschließen in unser Gebet, auf der anderen auf uns selbst sehen und uns bewußt werden der schönen Pflicht, die wir gegen sie haben, sie festzuhalten in dem treuen Bunde, in den sie ausgenommen werden, damit die Segnungen, deren sie dadurch teilhaftig werden, immer mehr in ihr Gemüt und Leben übergehen. Dazu, meine teuren Freunde, wollen wir diese Jugend mit einander Gott empfehlen und mit solchen guten Vorsätzen diesen Tag heiligen für unser künftiges Leben![2]
So sei denn der Herr mit ihnen und mit uns in dieser heiligen, bedeutenden Stunde.[3]
Anrede an die Konfirmanden.
Unsre Hülse sei im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat. Amen.
Meine geliebten Kinder! Ich habe euch im Laufe unseres Unterrichts die heilige Handlung, um deretwillen ihr hier versammelt seid, öfters dargestellt als die eigentliche Besiegelung dessen, was ohne euer Wissen und ohne eure Zustimmung in den ersten Jahren eures Lebens mit euch vorgegangen ist, als den eigentlichen letzten Augenblick jener Handlung, die damals auf unvollständige Weise in der Hoffnung und in der Kraft des christlichen Glaubens in euch vollzogen ist, — unvollständig, weil eure eigene Zustimmung und euer eigenes Bekenntnis dabei fehlte. Aber ihr werdet auch oft genug gehört haben, daß man diese Handlung nennt die Ergänzung und Bestätigung des Taufbundes, und dieser Ausdruck kann euch fremd klingen, wie sehr er auch unter Christen gewöhnlich ist. Was wäre es für ein Bund, den der Mensch machen könnte mit Gott? Das erinnert uns an jene unvollkommene Vorstellung älterer Zeiten, wo es aber auch mit diesem Bund Gottes und eines bestimmten göttlichen Volks etwas andreres war, als was wir jetzt in der Gemeinschaft der Christen von Gott erwarten. Es hat aber dieser Ausdruck seinen Grund und Ursprung in dem Worte der Schrift: 1. Petri 3,21, wo gesagt wird: Daß das Wasser jetzt in der Taufe uns selig mache, insofern sie sei der Bund eines guten Gewissens mit Gott. Aber derselbe Apostel in der Rede, die ich schon vorher angeführt habe, wo er zuerst das Volk ermahnte, sich taufen zu lassen auf den Namen Jesu Christi, wußte nichts von einem Bunde, der zu machen sei, wohl aber führte er sie zurück auf die Verheißungen, welche Gott von sich gegeben durch den Mund der Propheten, daß in den Tagen, da er es beschlossen, sein Geist solle ausgegossen werden über alles Fleisch. Aber es ist auch nicht das Wort, dessen sich der Apostel in seinem Briefe bedient, das wir in unserer deutschen Bibel lesen, sondern er sagt: es sei die Taufe eine weitere Frage eines guten Gewissens an Gott, und dies Wort, meine geliebten Kinder, möchte ich euch noch recht ans Herz legen.
Das gute Gewissen, wie solltet ihr wohl dazu kommen? Die Tage der Unschuld find längst vorüber für euch alle! Ihr wißt es, daß ihr alle mannigfach gefehlt habt, ihr habt das gemeinschaftliche Schicksal aller Menschenkinder geteilt, daß die Erkenntnis des Guten und Bösen der Reise und der Kraft des Willens vorangeht, und das ist eben die Verurteilung des Gewissens; und so oft ihr hierher kommen werdet, um mit der Gemeinde des Herrn euch zu dem heiligen Mahle des Herrn zu bereiten, so werdet ihr erwartet und stellet euch dar als solche, die sich anklagen, daß ihr nicht nachgekommen seid, dem euch wohlbekannten heiligen Willen Gottes, sondern mannigfach dagegen gesündigt habt. Und der Apostel, als er das Volk ermahnte, sich taufen zu lassen, fordert er sie auf, Buße zu thun und setzt wohl auch keineswegs ein gutes Gewissen bei ihnen voraus. So könnt ihr denn leicht denken, daß auch dies Wort in einem andern Sinn gebraucht ist, als in dem es gewöhnlich genommen wird. Es wird sich aber leicht zeigen, was es damit für Bewandnis hat, wenn wir es in seinem Zusammenhang lesen. Was fragt denn das gute Gewissen weiter bei Gott in der heiligen Handlung der ‚Taufe, welche uns, wie der Apostel sagt, selig macht?
Das Fragen und Bitten, meine geliebten Kinder, geht so in einander über und ist so sehr eins, daß sich beides nicht unterscheiden läßt; und jede Frage ist Bitte und Antwort, und jede Bitte ist Frage, ob der, von dem wir etwas wünschen, etwas zu gewähren hat und es gewähren will. Aber der Apostel sagt nicht nur eine Frage, sondern eine weitere Frage und setzt also voraus, daß schon etwas vorhergegangen ist, und in Beziehung auf dies Vorhergegangene und auf diese weitere Frage und Bitte an Gott verlangt er ein gutes Gewissen und reines Bewußtsein bei den Menschen. Was ist also das, was die weitere Frage und Bitte bei denen, die in die Gemeinschaft der Christen ausgenommen werden sollen, vorausgesetzt? Das, meine geliebten Kinder, was bei euch geschehen ist, daß euch bekannt gemacht ist das Wort Gottes zu eurer Seligkeit, daß ihr unterrichtet seid in dem ewigen Ratschluß Gottes, alles unter die Sünde zu beschließen, damit er sich aller erbarme in seinem Sohn, und damit er allen das Leben, das sie in sich selber nicht haben, gebe aus dieser gemeinsamen ursprünglichen Quelle. Diese Erkenntnis ist euch mitgeteilt worden; das Bewußtsein des Bedürfnisses einer göttlichen Hülfe, damit euer ganzes Dasein eurer Erkenntnis womöglich gleich werde, ist in euch erregt; und ihr habet euch ost und willig zu demselben bekannt. Das also, das ist die erste Darbietung Gottes an euch gewesen. Und nun sagt der Apostel, sollt ihr mitbringen ein gutes Bewußtsein zu der weiteren Frage und Bitte an Gott, die ihr heute thut, indem ihr die heilige Taufe zu ihrer Vollständigkeit und Erfüllung bringt. So ist denn nicht die Rede, daß ihr ein gutes Gewissen haben sollt in Beziehung auf das, was ihr bisher in eurem Leben gethan habt und geworden seid, in Beziehung auf die Vollkommenheit und Tugend, die schon in euch sei; vielmehr sollt ihr wissen und wisset, daß das gute Gewissen wir alle nur suchen, daß wir demselben immer näher kommen sollen, aber daß wir nie, in keiner Zeit unsres Lebens, dahin kommen können, daß wir als rein uns darstellen vor Gott durch uns selbst, sondern allein in der Gemeinschaft mit dem, von welchem alle diese Gaben allein ausgehen. Aber was ist dies gute Bewußtsein, das ihr mitbringen sollt, und was ist eure weitere Frage? Es ist diese: ob euch Gott immer weiter fördern will auf diesem Wege des Heils und der Seligkeit; ob ihr Teil haben sollt an allen den geistigen Gaben, die er begründet hat, und die sich immer wieder erneuern in der Gemeinschaft der Christen; ob ihr Teil haben sollet an der festen Zuversicht zu dem Erlöser, welcher das Leben wieder ans Licht gebracht hat, und in dem Gott war, um die Welt mit sich zu versöhnen und der Feindschaft des menschlichen Geschlechts gegen ihn ein Ende zu machen und die Liebe zu ihm auszugießen in unsere Herzen! Und was könnt ihr zu dieser, Frage an Gott für ein gutes Gewissen mitbringen? Kein anderes, als daß ihr das wirklich von Herzen begehret; daß ihr kein Gut höher achtet als den Frieden mit Gott durch unsern Herrn und Erlöser; daß ihr wißt, in allem diesen vergänglichen Wesen findet das menschliche Gemüt nicht seine Ruhe und seinen Frieden, sondern nur in der Wiedervereinigung mit Gott, in der Liebe zu unserm himmlischen Vater, in der Gemeinschaft mit dem, der uns den Weg des unvergänglichen Lebens gezeigt hat, und in der Gemeinschaft mit denen, welche sich nach seinem Namen nennen, und unter denen das Wort des Friedens wohnet und sich von ihnen aus weiter verbreitet, und welche gemeinsam bauen am geistigen Tempel Gottes. Das meine geliebten Kinder, ist das gute Gewissen, das ihr mitbringen sollt zu diesem wichtigen Augenblick eures Lebens, daß es nichts wichtigeres für euch giebt, als die geistigen Güter des Glaubens und der wahren Gemeinschaft mit Gott, der Lust und Freude an seinem heiligen Willen, des Wohlgefallens daran in dem inneren Menschen, und als das Bewußtsein, daß der, von dem das Wollen und das Vollbringen kommt, auch gern aus der Fülle der Segnungen, welche in Christo, seinem Sohne liegen, ein immer reicheres Maß von geistigen Kräften ausgießt über die, welche ihn darum bitten. Diese Frage aber, die ihr an Gott thut, die richtet ihr zugleich an die christliche Kirche, denn durch sie allein kann Gott sie euch gewähren und sie ist es, die euch in seinem Namen auf diese eure Frage antwortet. Und was thut sie anders als sie von ganzem Herzen bejahen? Wie freut sie sich, so oft heilsbegierige junge Gemüter begehren, in die Gemeinschaft des Glaubens und der Liebe ausgenommen zu werden! Wie freut sie sich, wenn sie Lust und Liebe bezeugen zum göttlichen Wort, wenn die Stimme des Geistes in ihnen ruft und sie vertritt mit unaussprechlichem Seufzen, indem sie begehrt, in das Heiligtum des geistigen Tempels Gottes einzudringen! Wie freut sie sich der beständigen weiteren Frage nach den Gütern des Heils, die da sind in der Gemeinschaft der apostolischen Lehre, des christlichen Lebens, der Zeichen der göttlichen Gnade und des Gebets. Ja sie bejaht die Frage, sie will euch gern aufnehmen in ihre Gemeinschaft; sie bejaht sie nicht für sich, sondern im Namen Gottes, von dem allein alle guten Gaben kommen; und das gute Gewissen, das ihr zu dieser Frage mitbringt, das nimmt sie an als ein teures Unterpfand dafür: daß ihr immer werdet gewarnt werden durch die Stimme eures Gewissens, wenn ihr irgend abweichen wollet vom richtigen Wege: daß ihr immer Hunger und Durst mitbringen werdet zur Austeilung aller geistigen Güter, welche in der Gemeinschaft der Christen liegen: daß ihr alle eure Sorgen und Bedürfnisse werdet niederlegen in die Hand eures treuen Vaters im Herrn: daß ihr, wenn ihr fraget nach dem, was recht ist vor Gott, nur sehen werdet auf den, der der Anfänger und Vollender unseres Glaubens geworden ist und uns ein Vorbild gelassen hat, daß wir nachfolgen sollen seinen Fußtapfen: daß ihr eben, weil ihr fragt mit diesem guten Gewissen, auch wachsen wollt in richtiger Erkenntnis der christlichen Wahrheit und reicher werden wollt an den Schätzen der Liebe zu Gott, zu Christo und zu denen, die seinen Namen bekennen: daß ihr die Gemeinde der Christen zu seiner Zeit schmücken wollet durch Werke des neuen Menschen, der da geschickt ist zu allem gutem Werk, was ihm vorhanden kommt, zu thun, und daß, wie ihr jetzt fraget und jetzt die trostreiche Antwort von Gott und seiner Gemeinde bekommt, so zu eurer Zeit ihr werdet bereit sein zu antworten auf Fragen und Bitten, die an euch ergehen, und wenn ihr reich geworden seid an den geistigen Gaben, denen mitzuteilen, die derselbigen bedürfen, und selbst Hand anzulegen und mit zu bauen an dem geistigen Tempel Gottes und euch immer mehr zu verklären von einer Klarheit zur anderen in dem Licht, das uns allen zugeteilt ist von oben. Das, meine geliebten Konfirmanden, ist die niemals vergebliche, weitere Frage eines guten Gewissens vor Gott und seiner Gemeinde, auf welche Frage ich euch im Namen derselbigen ein freudiges, gläubiges, liebevolles Ja zurufe.
Und so glaubet denn auch dem Wort des Apostels, daß es eben diese Frage an Gott ist, welche euch fertig macht. Ein großes Wort, meine geliebten Kinder! und wir wissen es wohl, Einer allein ist selig: das ist Gott! und alles, was endlich ist, alles was dem Wechsel und dem Tode unterworfen ist in seiner äußeren Erscheinung, ist auch in dem Innern des Geistes dem Wechsel unterworfen; aber das Bild des allein seligen Gottes ist erhaben über allen Wechsel, und das wissen wir, war unser Erlöser, aus welchem uns die Seligkeit des göttlichen Friedens in den Zügen seines teuren Bildes entgegenstrahlt, und von dem wir wissen, daß er das Bewußtsein der Sünde nur hatte in seinem Mitgefühl, in dem Erbarmen seines Herzens gegen die, die des Ruhmes ermangeln. Aber er ist es eben, der die mühseligen und beladenen Herzen zu sich ruft, damit sie nicht allein Ruhe finden für ihre Seelen, sondern auch mit dieser Ruhe die Fülle der Seligkeit, soweit sie in diesem irdischen Leben dafür empfänglich find! Diese, meine geliebten Kinder, diese haben wir in dem festen Glauben an unseren himmlischen Vater, daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen müssen. In diesem Glauben geht auch ihr gestärkt als neue Glieder der Gemeinde des Herrn in dem Bewußtsein der heiligen Weihe, die ihr empfanget, dem Leben, das vor euch liegt, entgegen. Fürchtet nichts und scheuet nichts, was euch in demselben vorkommen kann; jeder glaube an die göttliche Liebe, welche Alles zum Besten meint, und kommt nur wieder und fraget mit dem guten Bewußtsein, daß ihr nur die himmlischen und ewigen Gaben sucht, wie ihr dies, was euch Gott sendet, zu eurem Heil benutzen sollt; dann wird er euch auch antworten durch sein Wort und die Stimme seines Geistes in eurem Herzen. Diese Hoffnung, selig zu werden durch die Gemeinschaft der Christen, in welche ihr tretet, die habt ihr in der festen Zuversicht, daß von Gott kommt das Wollen und Vollbringen, und daß sein Geist in jeder Seele erweckt Gaben zu gemeinsamem Nutzen und jeden tüchtig macht, der sich ihm zum Werkzeug hingiebt, zu wahren und Gott wohlgefälligen Werken des Glaubens und der Liebe. Und mit dieser Zuversicht gehet in den Beruf des Lebens, der sich vor euch eröffnen wird auf die mannigfachste Weise. So fasset eure Pflichten ins Auge, daß ihr Werke Gottes zu verrichten habt, welche Zeugnis geben von der Kraft seines Geistes, daß ihr nicht suchen sollet auf eine weltliche und irdische Weise das Eure, sondern das Gemeinsame, aber zunächst das geistig Gemeinsame, daß nämlich das Wohlgefallen Gottes in euch wohne, und daß er Freude haben könne und wohnen in dem gemeinsamen Geiste der Gemeinde der Gläubigen. Diese Hoffnung, selig zu sein, habt ihr an der Kraft des heiligen Wortes, zu dessen Gebrauch ihr eingeladen werdet, das sich euch immer mehr aufschließen soll durch die Verkündigung der apostolischen Lehre in der Gemeinschaft der Gläubigen, welches sich in euch verklären wird in den stillen Betrachtungen eines gesammelten Gemüts, in den heiligen Stunden des Gebets und in den gemeinsamen Stunden der Andacht, dessen Gewalt ihr werdet inne werden, so oft ihr euch zu seinem Glauben und zu seiner Nachfolge auf’s Neue vereinigt mit der Gemeinde der Christen. Und in diesem Sinne, meine geliebten Kinder, gebe ich euch dieses Ja auf eure Frage im Namen Gottes und unserer christlichen Kirche. Dafür aber bestätigt das Bekenntnis, auf welches ihr schon in den Tagen eurer Kindheit getauft worden seid: „Glaubet ihr“[4].
Gebet nach dem Bekenntnis der Confirmanden.
Heiliger Gott und Vater! Du, welcher allein wirket das Wollen und Vollbringen, walte Du mit Deinem Segen über die jetzt gesprochenen Worte, über diese heiligen Gelübde des Glaubens, daß diese neuen Glieder der Gemeinde Deines Sohnes würdig wandeln des Lichtes der Wahrheit, welches Du angezündet hast in der christlichen Kirche! Lasse sie immer streben nach mehr Erleuchtung von oben herab und diese immer finden in Deinem heiligen Wort! Sei Du mit Deinen Worten die Leuchte ihres Fußes auf dem oft so dunklen Wege dieses irdischen Lebens! Stehe Du ihnen bei mit Deinem Geist in den Prüfungen und Versuchungen, die auch ihrer warten! Nimm Du sie immer wieder gnädig an, wenn ihr Fuß straucheln sollte, und laß es ihnen niemals fehlen an Deinem Trost! Mache sie immer anhänglich an diese heilige Gemeinschaft des Glaubens, in welche sie jetzt treten, damit sie sich der großen geistigen Güter Deines Reiches aus Erden mehr als alles dessen erfreuen, was ihnen sonst die Welt Gutes, Löbliches und Schönes darbieten mag! Laß sie in allen ihren Verhältnissen nur daraus sehen, wie sie Deiner wohlgefällig wandeln, alle ihre Kräfte anwenden zu Deinem Ruhm und zur Verherrlichung Deines Sohnes, auch niemals sich selbst suchen, auch sich selbst nie die Ehre geben, sondern ihr Heil nur suchen in dem Bewußtsein, daß das, was in ihnen Gutes ist, nur ist Deine Gabe und Dein Pfund, von besten Gebrauch sie Dir werden Rechenschaft abzulegen haben! Und so erhalte sie in der treuen Erfüllung Deines Willens damit auch durch sie Dein Reich gebauet und gefördert werde, und daß sie in dem reichen Genuß der Gemeinschaft mit Christo, unserm Herrn, dem wir sie jetzt geweihet haben, ihre Erbauung finden! Amen!
Hieran schloß sich das Lied No. 350: „Von des Himmels Thron sende, Gottes Sohn, deinen Geist, den Geist der Stärke“; dann erfolgte die persönliche Einsegnung der Einzelnen. Der Einsegnungsspruch, den Otto Eduard Leopold von Bismarck in der Dreifaltigkeits-Kirche erhielt, lautet: „Alles, was ihr thut, das thut von Herzen als dem Herrn und nicht den Menschen“ (Kolosser 3, 23). Nach dem Vaterunser und dem Segen wurde zum Ausgang noch gesungen vom Liede No. 349 der 3. Vers: „Gottes Geist werd‘ hocherhoben.“
[1] Nach dem Eingangsliede Berliner Gesangbuch No. 328: „Wer Ohren hat, der höre, die reine Gotteslehre.“
[2] Folgen die Namen der Konfirmanden.
[3] Gesang No. 342: „Erhör, o Vater, Du das Flehn der Kinder, die hier vor Dir stehn.“
[4] Hier folgt Verlesung des apostolischen Glaubensbekenntnisses nach der preußischen Agende. Sodann die Frage an die Kinder, ob sie sich zu diesem Glauben bekennen und als lebendige Glieder in die Gemeinde des Herrn eintreten wollen. Nachdem ihnen auf ihr „Ja“ alle Rechte und Pflichten der christlichen Kirche, deren Haupt Jesus Christus ist, zugesprochen, folgt das Gebet.