Lob der Spatzen
Grau mit viel Braun und wenig weißen Federn,
Das Männchen auf der Brust mit schwarzem Fleck,
Sie leben unter Palmen, Fichten, Zedern,
Und auch in jedem Straßendreck.
In Ingolstadt und in der City Boston,
Am Hoek van Holland und am Goldnen Horn
Ist überall der Spatz auf seinem Posten
Und fürchtet nicht des Schöpfers Zorn.
Inmitten schwarzer Dschungeln von Fabriken
Und todgeladner Drähte Kreuz und Quer
Sieht man die Spatzen flattern, nisten, brüten, mausern, picken,
Als ob die Welt ein Schutzpark wär!
Es stört sie nicht der Lärm der Transmissionen
Und keineswegs das Tempo unsrer Zeit −
Sie leben (schnell und langsam) seit Äonen
Wo sie der Himmel hingeschneit.
Als Jesus über Gräser, Zweige, Blumen
Eintritt, und alle Hosianna schrien,
Da pickt’ ein Spatz gemächlich gelbe Krumen
Aus dem noch warmen Mist der weißen Eselin.
Herr gib uns Kraft und Mut wie Deinen Spatzen,
Mach unser Leben ihrem Rinnstein gleich.
Dann mag wer will von edleren Tauben schwatzen,
Denn unser ist Dein gutes Erdenreich.
Carl Zuckmayer