Martin Luther in seiner Predigt zu Lukas 21,25-33 von 1522 über die Zeichen der Endzeit: „Wenn die Zeichen auch ungewiß wären, so laufen doch die keine Gefahr, die sie für gewiß halten, wohl aber die, die sie verachten. Darum laßt uns aufs Gewisse setzen und die obengenannten Zeichen für die rechten halten, damit wir nicht mit den Geistlosen anlaufen: fehlen wir, so haben wirs doch getroffen, fehlen aber die andern, so wirds gefehlt mit ihnen bleiben.“

Predigt über Lukas 21,25-33 (1522)

Von Martin Luther

Und es werden Zeichen geschehen an der Sonne und Mond und Sternen und auf Erden wird den Leuten bange sein und werden zagen und das Meer und die Meereswogen werden brausen und die Menschen werden verschmachten vor Furcht und vor Warten der Dinge, die kommen sollen auf Erden. Denn auch der Himmel Kräfte werden sich bewegen. Und alsdann werden sie sehen des Menschen Sohn kommen in der Wolke mit großer Kraft und Herrlichkeit. Wenn aber dieses anfängt zu geschehen, so sehet auf und hebt eure Häupter auf, darum daß sich eure Erlösung naht.
Und er sagte ihnen ein Gleichnis: sehet an den Feigenbäumen und alle Bäume: wenn sie jetzt ausschlagen, so seht ihrs an ihnen und merket, daß jetzt der Sommer nahe ist. Also auch ihr, wenn ihr dies alles sehet angehen, so wisset, daß das Reich Gottes nahe ist. Wahrlich, ich sage euch, dies Geschlecht wird nicht vergehen bis daß alles geschehe. Himmel und Erde vergehen, aber meine Worte vergehen nicht.
(Lukas 21,25-33)

Zum ersten ist zu wissen, daß diese Zeichen des jüngsten Tages, obwohl sie mannigfaltig und groß sind, dennoch so vollbracht werden, daß niemand oder gar wenige sie beachten und für solche Zeichen halten werden. Denn diese zwei werden und müssen beide miteinander ge­schehen, sind auch beide miteinander von Christus und den Aposteln verkündigt: erstlich daß viele und große Zeichen kommen werden, zum andern daß der jüngste Tag dennoch so unver­sehens kommt, daß die Welt von Anbeginn an sich nie weniger dessen versehen hat als eben zu der Zeit, wenn er vor der Tür steht. Denn obwohl sie solche Zeichen sehen, ja auch hören werden, daß es Zeichen des jüngsten Tages sind, so werden sie es doch nicht glauben, sondern verlachen und in großer Sicherheit sagen: ach, du lieber Narr, hast du Sorge, der Himmel falle ein und daß wir den Tag erleben? Nu müssen aber doch etliche sein, die ihn erleben, und zu­mal die, die sichs am wenigsten versehen. Daß aber solche Sicherheit und Verachtung in den Menschen sein wird, wollen wir aus Christi und der Apostel Wort beweisen. Christus spricht bald hernach in diesem Evangelium: habt acht darauf, daß eure Herzen nicht beschwert werden mit Fressen und Saufen und mit Sorgen dieses Lebens, damit derselbe Tag nicht schnell unversehens über euch komme; denn er wird kommen wie ein Fallstrick über alle, die da sitzen auf Erden. Aus diesen Worten ist klar, daß die Menschen sich über alle Maßen aufs Fressen und Saufen und auf zeitliche Nahrung werfen, daß sie in Sorgen ums Gut und in Fressen und Saufen ersäuft so sicher sitzen und wohnen werden in aller Welt, als wenn es noch gar weit bis dahin wäre. Denn wo nicht große Sicherheit und Verachtung sein würde, könnte der Tag nicht so unversehens hereinbrechen. Aber indem er spricht, er werde kommen wie ein Strick, mit dem die Vögel oder Tiere eben dann am meisten gefangen werden, wenn sie auf Nahrung ausgehen und sich des Stricks am wenigsten versehen, gibt er genugsam zu ver­stehen, daß die Welt im Saus leben, fressen und saufen, bauen und pflanzen und aufs fleißigste und geschickteste nach zeitlichem Gut trachten und dafür halten wird, der jüngste Tag komme noch tausend Jahre nicht. Aber in einem Augen­blick werden sie vor dem schrecklichen Gericht Gottes stehen.

Das wollen auch die Worte Christi Lk. 17 (V. 24): gleichwie der Blitz leuchtet und vom Him­mel herab scheint über alles, was unter dem Himmel ist, so wird des Menschen Sohn sein an jenem Tage. Daran siehe wieder, daß der Tag schnell und augenblicklich über alle Welt herfallen wird. Es folgt weiter daselbst (Lk. 17,26-30): gleichwie es geschah zu den Zeiten Noahs, so wirds auch gehen zu der Zeit des Menschensohnes: sie aßen und tranken, sie nahmen Weiber und Männer bis auf den Tag, da Noah in die Arche ging — da kam die Sintflut und brachte sie alle um. Desgleichen geschah es zu den Zeiten Lots: sie aßen und tranken, sie kauften und verkauften, sie pflanzten und bauten, — an dem Tage aber, da Lot aus Sodom ging, da regnete es Feuer und Schwefel vom Himmel und brachte sie alle um. Eben nach der Weise wird es gehen an dem Tage, wenn des Menschen Sohn wird offenbar werden. Diese Worte be­zeugen genugsam, wie sicher die Leute sein und wie sie in der Sorge zeitlichen Lebens so tief erstickt sein werden, daß sie nicht glauben werden, daß der Tag da ist.

Nu hat Christus ohne Zweifel solche Zeichen nicht dazu verkündigt, daß niemand sie beachten oder kennen sollte, wenn sie da sind, wiewohl ihrer wenige sein werden, wie auch zu Noahs und Lots Zeiten etliche, wenn auch wenige, die künftige Strafe erkannten. Sonst hätt er vergebens vermahnt und gesagt: wenn ihr dieses alles sehen werdet, so wisset, daß es vor der Tür ist, desgleichen: dann hebt eure Häupter auf, denn es naht sich eure Erlösung. Also müssen zu der Zeit gewiß etliche sein, die dies tun und die Zeichen erkennen und ihr Haupt aufheben und auf ihre Erlösung warten, wiewohl sie nicht genau wissen können, welcher Tag es sein wird. Darum ists uns nötig, gut aufzumerken, ob vielleicht die Zeichen jetzt gehen oder ergangen sind oder bald ergehen werden.

Ich will niemand zwingen noch dringen, mir zu glauben. Ich will mirs aber auch von niemand nehmen lassen, daß ich dafür halte, der jüngste Tag sei nicht fern. Dazu bewegen mich eben diese Zeichen und Worte Christi. Denn wenn jemand auch alle Chroniken liest, so findet er doch von Christi Geburt an kein Jahrhundert in dieser Welt, das dem in allen Stücken so gleiche (wie unser Jahrhundert). Solch Bauen und Pflanzen ist nie so allgemein gewesen in aller Welt, solch köstlich Essen und Trinken ist auch nie so allein gewesen wie jetzt, desgleichen ist das Kleiden so köstlich geworden, daß es nicht höher kommen kann. Wer hat auch je von solcher Kauf­mannschaft gelesen, wie sie jetzt um die Welt fährt und alles verschlingt. Des­gleichen steigen auf und sind aufgestiegen allerlei Künste wie Malen Sticken Graben, dergleichen es seit Christi Geburt nicht gegeben hat. Desgleichen sind jetzt so scharf verständige Leute, die alles erforschen, so daß jetzt ein Knab von 20 Jahren mehr kann, als zuvor 20 Doktoren gekonnt haben. Die Sprachen kommen hervor und allerlei Weisheit, so daß man bekennen muß: in den Stücken, die die zeitliche Nahrung oder wie Christus es nennt die Sorge dieses Lebens, essen und trinken, bauen pflanzen kaufen verkaufen, Weib und Kinder halten betreffen, ist es aufs höchste gekommen, so daß jedermann sieht, auch jedermann sagt, es müsse brechen oder anders werden. Nu kann man aber nicht wohl denken, wie es könnte gebrochen oder gebessert werden. Es kann nicht anders sein: es bricht ein Licht hervor und geht ein Tag auf, er sei was für einer er wolle. Vordem ist solch Witz Vernunft und Verstand in zeitlichen und leiblichen Sachen in der Christenheit nicht gewesen, ganz zu schweigen von den neuen Erfindungen wie Buchdrucken Büchsen und andre Kriegshändel.

Aber nicht allein der weltliche Handel ists aufs höchste gekommen, auch in geistlichen Sachen ists auf höchste gekommen. Mehr Irrtum Sünd und Lügen haben von Anbeginn an nicht auf Erden regiert als in diesen letzten hundert Jahren: da ist das Evangelium zu Konstanz öffentlich verdammt worden, des Papsts Lügen sind in aller Welt als Gesetz angenommen, er schindet alle Welt bis aufs Mark, täglich opfert man in aller Welt viel hunderttausendmal die Meß, welcher Sünde keine andre gleicht, durch Beicht Sakrament Ablaß (Kirchen)gebote werden unzählige Seelen zur Hölle gejagt, so daß es aussieht, als habe Gott die ganze Welt dem Teufel übergeben. Kurzum, es kann un­möglich größere Lüge, greulicherer Irrtum, schrecklichere Blindheit und ver­stocktere Lästerung kommen, als jetzt schon durch Bischöfe Klöster und Hohe Schulen in der Christenheit regieren. Ja, der tote blinde Heide Aristoteles lehrt und regiert die Christen mehr als Christus selbst. Dazu hat auch der Papst Christus vertilgt und ist sein Statthalter; das ist wahr und leider allzuwahr, denn er sitzt wirklich an Christi Statt, wollt Gott, er säße an des Teufels Statt. Ich schweige hier von den groben Sünden wie Unkeuschheit Mord Untreue Geiz und dergleichen; denn da ist keine Scham noch Furcht mehr, es geht alles im höchsten Schwang. Unkeuschheit hat die natürliche Weise überschritten und hat keinen Stand so sehr ersäuft als den geistlichen, wenn ich ihn überhaupt geistlich nennen soll, wo er doch mehr als Fleisch und ganz geistlos ist.

Es sei nu mit den andern Zeichen, wie es mag, so bin ich doch des Zeichens gewiß, da Christus spricht: essen und trinken, bauen und pflanzen, kaufen und verkaufen, Weib und Mann nehmen und andre Sorgen dieses Lebens sollen vor seiner Ankunft regieren. Ebenso gewiß ist mir auch das, was er Mt. 24 (V. 15) von dem wüsten Greuel, dem Antichrist, sagt, daß nämlich unter seinem Re­giment die größten Irrtümer Blindheiten und Sünden regieren sollen, wie das denn jetzt unterm Papst aufs allerunverschämteste, aufs allertyrannischste, aufs allerverzweifeltste in hohem Schwang geht. Dies Stück vor allem zwingt mich, fest zu glauben, daß Christus bald kommen muß. Denn solche Sünde ist zu groß, der Himmel kann sie nicht länger ansehen. Sie reizen den jüngsten Tag und trotzen ihm zu sehr, er muß über sie fallen und kann nicht lang mehr dauern. Wenn allein Unkeuschheit wäre wie vor der Sintflut oder lauter weltliche Sünde wie zu Sodom, deswegen wollt ich nicht meinen, daß der jüngste Tag kommt. Aber Gottes­dienst, Gotteswort, Gottes Sakrament, Gottes Kinder und alles was Gottes ist zerstören vertilgen verdammen ver­lästern und den Teufel an seine Statt setzen anbeten und ehren, — das wird der Sach ein Ende machen, eh man sich umsieht. Daran ist mir kein Zweifel. Amen.

Solche Sicherheit der Menschen vor dem jüngsten Tag haben auch die Apostel verkündigt. St. Paulus spricht 1.Thess. 5 (V.2f.): des Herrn Tag wird kommen wie ein Dieb in der Nacht; wenn sie werden sagen ‚es ist still, es hat noch keine Not‘, dann wird ihr Verderben sie be­hend überfallen. Nu weiß man wohl, daß ein Dieb nicht eher kommt als zu der Zeit, wo man vor ihm am sichersten ist. Und 2. Petr. 3 (V. 3f.) steht geschrieben: es werden zu der letzten Zeit Betrüger kommen mit Falschheit, die da wandeln nach ihrem eigenen Ge­fallen, und sagen: wo ist die Verheißung seiner Zukunft? denn nachdem die Väter gestorben sind, bleibt alles, wie es von Anfang an gewesen ist; aber der Tag des Herrn wird kommen wie ein Dieb, an welchem die Himmel mit einem großen Sturm vergehen werden. Wer sind die, die nach ihrem eigenen Gefallen leben wollen, anders als die geistlichen Papisten, die weder Gott noch Menschen untertan sein, sondern aller Welt obliegen wollen, damit sie frei leben und tun können, was sie wollen? Dieselben sind es auch, die da sprechen: wo ist seine Zukunft? meinst du, daß der jüngste Tag so bald komme? es bleibt wohl, wie es bisher geblieben ist. So lesen wir auch von der Zerstörung Jerusalems, wo viele Zeichen geschahen: dennoch glaubten sie nicht, daß es ihrem Verderben gelte, bis sie es erfuhren. Und von Anfang der Welt an ist es allzeit so gegangen, daß die Ungläubigen nie geglaubt haben, daß ihr Unglück so nahe sei; sie Habens alle er­fahren, eh sie es glauben wollten, damit der Spruch Psalm (55,24) bestehe: die Blutgierigen und Falschen werden ihre Tage nicht zur Hälfte bringen; denn sie vermessen sich immer und fürchten sich nimmer, darum muß ihre Stunde un­versehens kommen. So wirds auch hier zugehen: sie werden den jüngsten Tag noch über tausend Jahr entfernt glauben, wenn er die nächste Nacht kommen soll.

Nu wollen wir die andern Zeichen auch sehen. Es werden Zeichen sein in der Sonne. Das Zeichen in der Sonne wird sein, daß sie ihren Schein verlieren wird, wie oft geschehen ist. Wie Mt. 24 (V. 29) sagt: die Sonne wird ihren Schein verlieren. Ich will hier wieder nicht freveln, sondern meine Meinung sagen. Etliche meinen, die Sonne werde so finster werden, daß sie hinfort nicht mehr scheint. Das ists nicht; denn Tag und Nacht muß bleiben bis ans Ende, wie Gott verheißen hat (1. Mose 8,22): solange die Erde steht, sollen Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht nicht aufhören. Darum muß dies Zeichen geschehen ohne Hindernis des Tages und der Nacht und muß doch vor dem jüngsten Tag geschehen, weil es ein vorangehend Zeichen ist; darum kann es nicht anders sein, als daß die Sonne so ihren Schein ver­liert, wie es zu geschehen pflegt. Nu ist allzeit ein solch Zeichen der Sonne eine Andeutung eines großen Unfalls gewesen, der hernach gefolgt ist, wie das die Chroniken ausweisen. So haben wir in wenigen Jahren soviel Sonnenverlust gehabt, daß ich achte, es sei nie zuvor soviel und so nah beieinander gewesen; Gott hat geschwiegen und ist nichts Besondres nachgefolgt, darum wird es verachtet und in den Wind geschlagen; außerdem haben die Sternmeister, wie es auch wahr ist, uns gesagt, solch Ding geschehe aus natürlichem Lauf des Himmels, womit sie die Verachtung bestärkt und die Sicherheit gemehrt haben. Aber Gott richtet sein Werk nichtsdestoweniger aus, schweigt still, läßt uns sicher sein und fährt immer fort. Der natürliche Laus am Himmel mag sein wie er will, so sind solche Zeichen doch allemal Zeichen des Zorns und kommt darnach gewiß ein Unfall. Und wenn schon etliche solche Zeichen geschehen sind, so braucht Gott doch deswegen keine neuen Sonne Mond und Sterne machen oder neue Zeichen geben. Der Lauf des Himmels ist von Ewigkeit darauf ge­richtet, daß er vor diesem Tag solche Zeichen geben soll. Die Heiden schreiben auch von den Kometen, sie entstünden natürlich; aber Gott schafft keinen, der nicht ein gewisses Unglück bedeutet. So hat auch der Blindenleiter Aristoteles ein eigenes Buch von den himmlischen Zeichen geschrieben, schreibt sie alle der Natur zu und macht dadurch, daß sie keine Zeichen sind; dem folgen unsre Gelehrten, und so macht ein Narr die Welt voller Narren. Aber du sollst wissen: was sich am Himmel entgegen der gewöhnlichen Weise wandelt, das ist gewiß ein Zeichen des Zorns Gottes.

Und es werden Zeichen sein im Mond. Dies Zeichen ist, wie Mt. 24 (V. 29) sagt, daß der Mond sein Licht nicht geben wird d. h. er wird seinen Schein ver­lieren. Von diesem Zeichen ist dasselbe zu sagen wie vom Zeichen der Sonne, es sei wie natürlich es wolle. Und dies Zeichen ist auch in wenigen Jahren vielmal geschehen. Es ist doch eine Zeitlang schier kein Jahr gewesen, wo nicht entweder Sonne oder Mond den Schein verloren haben, zuweilen beide mit­einander in einem Jahr, zuweilen eins von beiden zweimal. Wenn das keine Zeichen sind, was sind dann Zeichen? Mögen auch vorzeiten mehr geschehen sein, aber doch nicht soviel und so nahe hintereinander und miteinander. Der Zeichen, die vor der Zerstörung Jerusalems geschahen, waren auch schon vorher etliche geschehen; dennoch warens neue Zeichen.

Es werden Zeichen sein in den Sternen. Das ist, wie Mt. 24 (V. 29) sagt: die Sterne werden vom Himmel fallen. Dies Zeichen läßt sich täglich sehen und ich weiß nicht, obs vorzeiten auch so oft geschehen ist. Aristoteles, der Narren­treiber der Hohen Schulen, macht auch natürliche nutzlose Dinge draus. Aber kurzum, das Evangelium ist Gottes Wort und Weisheit; das nennt den Fall der Sterne ein Zeichen, dabei laßt uns bleiben. Darum, wenn die Sterne fallen oder Sonn und Mond den Schein verlieren, so wisse, daß es Zeichen sind. Das Evangelium lügt dir nicht. Weil aber in diesen Jahren so viele Zeichen und so nah aufeinander geschehen und doch nichts Besondres folgt, so mußt du denken, daß es die Zeichen des jüngsten Tages sind, von denen hier Christus spricht. Denn es muß viel und oft geschehen, um auf den großen Tag reichlich hin­zudeuten und zu verkündigen. Nu gehen diese Zeichen jetzt und sind schon lang gegangen, aber niemand beachtet sie. So soll es auch sein: sie sollen auf andre Zeichen warten, wie die Juden auf einen andern Christus.

Und auf Erden wird Gedränge der Völker sein vor Bekümmernissen. Das ist nicht so zu verstehen, als ob alle Völker oder der größte Teil von ihnen solches leiden würden. Du mußt darauf acht haben, daß es Zeichen sind. es fallen auch nicht alle Sterne vom Himmel, sondern gar wenige. Die Sonne verliert ihren Schein auch nicht ein ganzes Jahr oder einen ganzen Monat, sondern ein oder zwei Stunden, weniger oder mehr. Der Mond verliert seinen Schein auch nicht eine ganze Woche oder eine ganze Nacht, sondern wie die Sonne ein oder zwei Stunden, damit es Zeichen bleiben und nicht alles ganz verkehrt würde. So werden auch nicht viele Menschen dies Gedränge und diese Angst leiden, sondern gar wenige und auch diese nicht ohne Unterlaß. Eben damit sind sie den andern Zeichen. Dieselben werden sie verachten und den Ärzten mehr glauben als Gott, die da sagen, die Konstitution oder die Melancholie sei schuld oder die Planeten am Himmel oder sonst eine natürliche Ursache. Indessen gehen gleichwohl diese offenbaren Zeichen heimlich vor den Augen der Blinden daher und erfüllt sich, daß wir die Zeichen mit sehenden Augen sehen und doch nicht erkennen, wie den Juden mit Christus geschah, wie Mt. 13 (V. 13) geschrieben steht.

Dies Gedränge ist nicht leiblicher Art. Denn wie wir gehört haben, wird genug Friede und Gutes bleiben, so daß die Leute essen und trinken, bauen und pflanzen, kaufen und verkaufen, freien und sich freien lassen, tanzen und springen und sich so in das zeitliche Leben verwickeln, als wollten sie ewig hier bleiben (I). Ich meine es sei die große Marter der Gewissen. Denn wenn das Evangelium, durch das allein die Gewissen getröstet werden, verdammt ist und Menschenlehren aufgerichtet werden, dann folgt daraus recht eigentlich ein schweres enges und betrübtes Gewissen, das keine Ruhe mehr hat, gerne fromm sein, wohltun und selig werden wollte und sich doch sehr ängstet und nicht weiß, was es tun soll. Sund und Gewissen drücken es, davon hat es Gedränge; und wieviel es auch tut, so hat es doch keine Ruhe. Davon wird ihm dann bang, so daß es nicht weiß, was und wie es tun soll; daher kommen dann soviele Gelübde und Wallfahrten, Heiligendienst und -verehrung. Daraus wachsen viele Stiftungen von Messen und Vigilien, etliche peitschen und martern sich selbst, etliche werden Mönche und, um ja viel zu tun, Karthäuser. Das sind alles Werke gedrängter und geängsteter Gewissen und recht eigentlich die Plage, die hier St. Lukas meint. Denn er braucht zwei Worte Die bedeuten soviel, wie wenn einer erst in eine Not und Gedränge kommt, weil es eng ist, wie wenn er z.B. in einen engen Kerker geworfen würde; darnach aber wird ihm bange und er weiß nicht, was er tun soll, daß er aus dem Gedränge herauskommt, wird irre an sich selbst, versucht dies und das und es hilft doch nichts — das heißt auf deutsch bange werden. So geht es diesen Gewissen. Ihre Sünden haben sie gefangen, nu liegen sie in einem engen Gewissen, das drängt und ängstet sie her; nu wären sie es gerne los, aber da erhebt sich das andre Weh, daß ihnen bange wird und sie nicht wissen, wie sie es angreifen sollen, sie ver­suchen allerlei und es hilft doch nichts.

In diesem Jammer gerät nu nicht der große rohe Haufe, sondern nur wenige und gemeiniglich die vernünftigsten und zartesten Seelen und gute treuherzige Menschen, die sonst niemand gern Unrecht tun und ehrbar leben. Sie haben aber etwas Heimliches auf sich, hauptsächlich die Unkeuschheit, das frißt an ihnen Tag und Nacht, so daß sie nie aus Herzensgrund fröhlich werden. Sie sind das rechte Wildbret für Mönche und Pfaffen, sie geben und lassen sich schinden, besonders wenns Frauenvolk ist. Da beichtet man und läßt sich belehren ab­solvieren und führen, wohin die heiligen Beichtväter wollen. Derweil geht dies elende Volk dahin und ist unsers Herr Gotts Zeichen zum jüngsten Tag. Ihnen ist das Evangelium ein Leben und Trost, während der andre Haufe es ver­dammt. Daß dies Zeichen in den letzten hundert Jahren besonders im Gang ist, kann auch niemand leugnen; es sind ihrer viele drüber toll und wahnsinnig geworden, wie Gerson schreibt. Obwohl es solche Menschen auch vorzeiten und immer gegeben hat, so ists doch nie so allgemein und in aller Welt ver­breitet gewesen. Es hat ja auch seit Anfang der Welt keine Menschenlehre den zehnten, ja den hundertsten Teil so greulich regiert und soviele Gewissen ge­martert und ermordet als die Menschenlehre des Papsts und seiner Jünger, der Mönche und Pfaffen. Denn solche Herzen entstehen besonders aus dem Gesetz von der Beichte, die vordem nie geboten noch so sehr getrieben worden ist. Darum ists auch erst jetzt ein Zeichen des jüngsten Tags. es müssen alles große und viele Zeichen sein und dennoch von einem großen Teil verachtet.

Und es werden rauschen das Meer und die Flüsse oder Wasserwogen. Das wird durch Winde geschehen; denn alles Rauschen der Wasser kommt von Winden. Darum zeigt der Herr mit diesen Worten an, daß große und viel Winde sein werden. Unter Meer aber soll hier nicht allein der Ozean verstanden werden, sondern auch alle stehenden stillen Wasser, nach dem Brauch der heiligen Schrift, die da spricht 1. Mose 1 (V. 10): Gott nannte die Ver­sammlung der Wasser Meer, ob es nu Meer Seen Teiche sind; Flüsse aber sind alle unstetigen fließenden Wasser. Nu mußt du auch wieder nicht denken, daß alle Wasser Flüsse Teiche Seen Meere und wo es naß ist in der Welt zugleich auf einmal rauschen und windig seien. es soll ein Zeichen sein: etliche Meere und Flüsse rauschen und sind windig und das soll vielmal und nahe nach­einander geschehen. Denn wie nicht alle Sterne fallen und nicht allen Menschen bange wird, so rauschen auch nicht alle Wasser und ist es auch nicht an allen Orten zugleich windig.

Hier wird Frau Hulda, die heidnische Kunst, in den Hohen Schulen sitzen und das Maul auftun und sagen: hast du noch keinen Wind gesehen noch Wasser rauschen hören? lehrt doch mein Aristoteles, wie es alles natürlich zugeht. Die lassen wir fahren und wissen wohl, daß Gottes Wort und Zeichen von den klugen Götzen verachtet werden müssen. Du aber halt dich an das Evangelium, das lehrt dich glauben, daß alle großen Winde und Wasserbrausen Zeichen sind; und wiewohl zuvor vielmal solche Zeichen geschehen sind, so sollen sie doch vor dem jüngsten Tag besonders viel und groß sein. Ich meine aber, daß wir inner­halb 10 oder 12 Jahren solch Wind Rauschen und Brausen gehört haben, von dem abgesehen, was noch kommen wird, so daß ich kaum glaube, daß zuvor jemals eine Zeit so große und viele Winde und Brausen gehört habe. es ist auch zu bedenken, daß vorzeiten nur etliche dieser Zeichen und selten und einzeln vorhanden gewesen sind. Jetzt aber gehen sie mit Haufen alle miteinander daher und nicht selten, sondern viel und oft. Denn unsre Zeit sieht zugleich Sonne und Mond ihren Schein verlieren, Sterne fallen, Menschen bange werden, große Winde und Wasser brausen und was sonst noch gesagt ist. Es kommt alles auf einen Haufen. So haben wir auch daneben Kometen gesehen, neulich sind viel Kreuze vom Himmel gefallen und die neue unerhörte Krankheit der Franzosen ist aufgekommen. Wieviele Zeichen und Wunder sind allein in den letzten vier Jahren am Himmel erschienen an Sonne Mond Sternen Regen­bogen und viel andern seltsamen Gebilden? Lieber, laß das Zeichen sein und große Zeichen, die etwas bedeuten Großes. Die Sternmeister und Frau Hulda können auch nicht sagen, daß sie aus natürlichem Lauf gekommen wären; denn sie haben zuvor nichts davon erkannt noch geweissagt. Es wird auch kein Sternkundiger zu sagen wagen, daß der Lauf des Himmels das schreckliche Tier zuvor verkündigt habe, das der Tiber zu Rom vor kurzen Jahren tot aus­warf: das hatte einen Eselskopf, Frauenbrust und -bauch, einen Elephantenfuß an der rechten Hand, Fischschuppen an den Beinen, einen Drachenkopf am Hintern. Das bedeutet das Papsttum, den großen Gotteszorn und die große Gottesstrafe. Ein solcher Haufe von Zeichen will etwas Größeres bringen, als alle Vernunft denkt.

Die Menschen werden verschmachten vor Furcht und Warten der Dinge, die kommen werden über die ganze Welt. Das werden auch nicht der ruchlose große Haufe sein, der Gottes Zeichen verachtet und der Natur zuschreibt, sondern die Besten und Frömmsten, die nachdenklich sind und denen die Sache zu Herzen geht. Das Verschmachten oder Verdorren ist so zu verstehen, daß sie sich des Todes oder fast des Todes fürchten, so daß die Furcht sie verzehrt und kraftlos macht. Was fürchten und erwarten sie denn? die Dinge, die kommen werden über die ganze Welt d.h. den jüngsten Tag, das schreckliche Gericht, das höllische Feuer lind den ewigen Tod und was damit folgt. Warum fürchten und warten nur sie, über die es vielleicht nicht kommen wird, und die ganze Welt, über die es kommen wird, wartet nicht? Darum weil es Gottes Zeichen sind, die von der ganzen Welt verachtet sein müssen.

Wer aber diese Leute sind, kann ich noch nicht sagen, es wäre denn, daß es die sind, die mit der hohen Anfechtung des Todes und der Hölle zu schaffen haben, wovon Tauler schreibt. Denn diese Anfechtung verzehrt Fleisch und Blut, ja Mark und Bein und ist der Tod selbst. Niemand kann sie ertragen, er werde denn wunderbar erhalten. Solches haben auch etliche Patriarchen wie Abraham Jakob David Mose geschmeckt, aber am End der Welt soll es all­gemeiner werden. Aber dies Zeichen wird vielleicht noch besser herauskommen, wiewohl es deren viele gegeben hat und noch gibt, wenn auch wenig Leute davon wissen. Es sind Menschen, die in Todesnöten sind und mit dem Tod kämpfen: da fühlen sie, was über die ganze Welt kommen wird, und fürchten sich, es werde über ihnen auch so bleiben. Es ist aber zu hoffen, daß solche Leute in gnädigem Stande sind. Denn Christi Wort lautet, als wollt er die zwei Stücke voneinander scheiden: die Furcht und die Dinge, die gefürchtet werden. Er teilt es so, daß er ihnen die Furcht zuschreibt, der Welt aber die furchterregenden Dinge, so daß zu vermuten ist: sie leiden durch diese Furcht und Angst ihre Hölle und ihren Tod hier, die Welt aber, die sich nicht fürchtet, muß den Tod und die Hölle hernach leiden.

Denn auch die Kräfte der Himmel werden sich bewegen. Unter den Kräften der Himmel verstehen etliche die Engel. Aber weil Christus von Zeichen spricht, die wir sehen und an denen wir die Ankunft des jüngsten Tages erkennen werden, so müssen sie gewiß offenbar und sichtbar sein und von leiblichen Sinnen empfunden werden. Denn auch die Menschen, die das Gedränge im Gewissen haben und vor Furcht verschmachten, erkennt man äußerlich durch Wort und Gebärden, obwohl sie das Gedränge in der Seele haben. So müssen auch diese Kräfte der Himmel leiblich und äußerlich bewegt und erkannt werden.

Die Schrift aber redet auf zweierlei Weise von den Kräften der Himmel. Einmal heißt Kräfte der Himmel soviel wie: die kräftigen Himmel oder die Himmel, die unter allen Kreaturen die kräftigsten sind. So steht 1. Mose 1 (V. 8) geschrieben: Gott nannte die Himmel Firmament d.h. Festung oder Kräftung. Denn alle Kreaturen unter dem Himmel werden regiert und emp­fangen ihre Kraft von Licht Hitze und Bewegung der Himmel. Was wäre die Welt ohne Himmel? eine wüste wilde Finsternis. So nennt die Schrift auch die Fürsten und Obersten in der Welt mit dem Namen Kräfte (Eph. 1,21), weil sie über die Untertanen regieren und wirken.

Zum andern heißt Kraft der Himmel soviel als: die Scharen der Himmel, wie Psalm 33 (V. 6) sagt: der Himmel ist durchs Wort des Herrn gemacht und all ihre Kräfte d.h. all ihre Scharen durch den Geist seines Mundes. Ebenso 1. Mose 2,1: Himmel und Erde wurden bereitet und all ihre Kräfte d.h. alle ihre Scharen. Und diese Weise, von des Himmels Kräften zu reden, ist in der Schrift die gewöhnliche. Aus diesen Sprüchen ist klar, daß mit der Schar oder den Kräften des Himmels und der Erde alles gemeint ist, was darinnen ist, nämlich oben Sonne Mond Sterne und alles, was droben ist, auf Erden aber Menschen Tiere Vögel Fische Bäume Kräuter und was sonst auf Erden wohnt. So mag mans denn auf beiderlei Weise verstehen, vor allem aber von den Scharen, so daß Christus sagt, daß sich alle Kreaturen bewegen und diesem Tage mit Zeichen dienen werden: Sonne und Mond mit Finsternis, die Sterne mit Fallen, die Völker mit Kriegen, die Menschen mit Angst und Furcht, die Erde mit Beben, die Wasser mit Wind und Brausen, die Luft mit Pestilenz und Gift, also auch die Himmel mit ihren Scharen und Bewegungen.

Was aber die Bewegung der himmlischen Schar ist, das weiß ich noch nicht, es wäre denn die große Konstellation der Planeten, die jetzt über zwei Jahre eintreten wird. Denn die Planeten sind gewiß die vornehmsten von den Kräften und Scharen des Himmels und ihr wunderliches Zusammen­treffen ist gewiß ein großes Zeichen über der Welt. Nu sagt Christus nicht, daß alle Scharen oder Kräfte des Himmels sich bewegen werden, sondern etliche. Denn wie oben gesagt ist: nicht alle Sterne werden sich bewegen, nicht alle Menschen Gedränge und Furcht leiden, nicht alle Wasser allzeit brausen und rauschen, Sonne und Mond nicht alle Tage finster werden. Denn es sollen nur Zeichen sein, die müssen nur bei etlichen und bei einer Minderheit geschehen, damit sie ein besondres Ansehen gewinnen gegenüber dem, was nicht Zeichen sein wird. Darum siehe ich darauf, daß die Bewegung der himmlischen Scharen gewiß die zukünftige Konstellation der Planeten bedeutet, von der die Stern­meister sagen, es solle eine Sintflut bedeuten. Gott gebe, daß es der jüngste Tag sei, welchen es gewiß bedeutet. Auch hier sollst du dich nicht davon beirren lassen, daß diese Konstellation sich aus des Himmels Lauf natürlich ergibt — es ist dennoch ein von Christus genanntes Zeichen. Und es wird gut sein, es wahr­zunehmen, weil es nicht für sich allein, sondern zugleich mit dem Haufen der andern Zeichen eintrifft. Laß die Ungläubigen zweifeln und Gottes Zeichen ver­achten und sagen, es sei natürlich Ding, halt du dich ans Evangelium.

Es gibt noch mehr Zeichen, die an andern Orten beschrieben sind, z.B. Lk 17 (V. 26ff.) und Mt. 24 (V. 4ff.) Erdbeben Pestilenz teure Zeit und Kriege. Davon haben wir auch viel gesehen, wiewohl das auch früher schon gewesen ist, dennoch sind es nichtsdestoweniger gewisse Zeichen, weil sie zu gleicher Zeit mit den andern eintreffen. es bekennt auch jedermann, daß die Art der jetzigen Kriege so ist, daß die früheren Kinder(spiel) dagegen gewesen sind, so sehr gehts aufs allergreulichste und höchste zu mit Geschütz Harnisch und Rüstung. Aber weil das heutige Evangelium nichts davon sagt, lassen wir das liegen. Lieber, laß es Zeichen sein und große Zeichen, die etwas Großes bedeuten. Aber sie sind schon vergessen und verachtet.

Und alsdann werden sie sehen des Menschen Sohn kommen mit Kraft und großer Herrlichkeit. Hier kannst du die Kraft auch wieder beziehen auf die Scharen der Engel Heiligen und Kreaturen, die mit Christus zum Gericht kommen werden, was ich für das richtige Verständnis halte, oder auf die Gewalt und Stärke, indem diese Ankunft Christi desto gewaltiger sein wird, je mehr die erste Ankunft krank und gering gewesen ist. Christus sagt nicht allein: er wird kommen, sondern: sie werden ihn sehen kommen. Denn nach der leib­lichen Geburt ist er auch gekommen, ward aber von niemand gesehen, die Menschen haben nur seine Knechtsgestalt angesehen. Er kommt auch noch täglich durch das Evangelium geistlich in die gläubigen Herzen, was auch niemand sieht. Aber diese Ankunft wird öffentlich geschehen, daß ihn jedermann sehen muß, wie Offb. 4 (V. 7) auch spricht: alle Augen werden ihn sehen und zwar so, daß es kein andrer ist als der leibliche Mensch Christus in leiblicher Gestalt, wie er von Maria geboren und auf Erden gewandelt ist. Er hätte sonst leicht sagen können: sie werden mich sehen. Aber das wäre nicht klar von der leiblichen Gestalt gesagt gewesen. Aber indem er sagt: sie werden des Menschen Sohn sehen, ist klar ausgedrückt, daß es eine leibliche Ankunft, ein leibliches Sehen in leiblicher Gestalt ist, jedoch mit großer Gewalt, mit großen Scharen der Engel und mit aller Herrlichkeit; und er wird sitzen auf einer lichten Wolke und alle Heiligen mit ihm. Von dem Tage sagt die Schrift viel und ist auch alles darauf gerichtet.

Wenn nu diese Dinge anfangen zu geschehen, so sehet auf und erhebt eure Häupter, denn es naht sich eure Erlösung. Hier könntest du sagen: wer kann das Haupt aufheben bei solch greulichem Zorn und Gericht? alle Welt erschrickt dock vor diesem Tag und schlägt den Kopf mehr nieder und sieht unter sich vor Schrecken und Furcht, wie sollten wir denn aufsehen und den Kopf aufrichten, welches ohne Zweifel Freude und Verlangen bedeutet? Antwort: das alles ist allein den Christen gesagt, nicht den Heiden oder Juden. Wahrhaftige Christen aber stecken in großen Anfechtungen und Verfolgungen von Sünden und allerlei Übel, so daß ihnen dies Leben sauer und häßlich wird. Darum warten sie und verlangen und bitten, erlöst zu werden von Sünden und allem Übel, wie denn auch das Vaterunser sagt: dein Reich komme und erlöse uns vom Übel. Sind wir rechte Christen, so beten wir das auch mit Ernst aus Herzensgrund. Beten wirs aber nicht mit Ernst aus Herzensgrund, so sind wir noch nicht rechte Christen. Wenn wirs aber beten, so muß es gewiß mit uns so stehen, daß wir diese Zeichen, wie schrecklich sie auch sind, mit Freuden und Verlangen ansehen, wie es Christus hier sagt: wenn diese Dinge anfangen, so sehet auf. Er sagt nicht: fürchtet euch oder schlagt den Kopf nieder. Denn es kommt, was wir so ernstlich und sehnlich gebeten haben. Wollen wir nu ernstlich von Sünden Tod und Hölle los werden, so müssen wir diese Ankunft aufs höchste begehren und lieb haben. So spricht auch St. Paulus 2. Tim. (4,8): er wird mir geben die Krone der Gerechtigkeit, aber nicht allein mir, sondern allen, die seine Ankunft lieb haben. Gibt er aber die Krone allen, die seine Ankunft liebhaben, was wird er denen geben, die sie hassen und scheuen? ohne Zweifel die Hölle als seinen Feinden. Und Tit. (2,13): wir sollen warten auf die Ankunft der Herrlichkeit des Gottes, der groß ist, und Lk. 12 (V. 36): ihr sollt sein wie die Leute, die warten auf ihren Herrn, wenn er kommt von der Hochzeit. Die sich aber fürchten und nicht wollen, daß er kommt, was machen die, wenn sie beten: dein Reich komme! erlöse uns von dem Übel!? Treten sie nicht vor Gott und lügen ihn an? Widerstreben sie nicht auch Gottes Willen, der diesen Tag haben will um der Erlösung seiner Heiligen willen? Darum muß man hier Fleiß an­wenden, daß nicht Haß oder Scheu vor diesem Tag in uns erfunden werde. Denn solches Scheuen ist ein böses Zeichen und gehört zu den Verdammten. Ihr harter Kopf und ihr verstocktes Herz muß mit solchem Stoß und Schrecken bewegt und gebrochen werden, ob sie sich vielleicht bessern wollten. Aber den Gläubigen soll er tröstlich und lieblich sein. Der Tag wird gleichzeitig den Gläubigen die höchste Freude und Sicherheit sein und den Ungläubigen der höchste Schrecken und die höchste Furcht, gleichwie auch schon in diesem Leben die evangelische Wahrheit den Guten am allersüßesten, den Bösen am allerhäßlichsten ist. Warum sollten sich die Gläubigen fürchten und sich nicht aufs höchste freuen, da sie doch auf Christus vertrauen und der Richter um ihrer Erlösung willen kommt und auf ihrer Seite ist?

Nu sprichst du: ich wollt wohl auch aus diese Zukunft warten und sie lieben, wenn ich fromm und ohne Sünde wäre. Antwort: wohlan, was hilft dir denn das Fürchten und Fliehen? Damit wirst du nicht erlöst von den Sünden, wenn du gleich tausend Jahre dich fürchtest. Die Verdammten fürchten sich ewiglich davor, dennoch werden sie damit ihre Sünde nicht los, ja, diese Furcht mehrt nur die Sünde und verhindert grade, daß du ohne Sünde wirst. Die Furcht muß ausgehen und eine Lust zur Gerechtigkeit und zu diesem Tage eingehen. Wenns aber wahr ist, daß du gern fromm und ohne Sünde wärst, so danke Gott und halte damit an, begeh­re noch mehr, ohne Sünde zu sein, und wollt Gott, solche Begierde wäre so rechtschaffen und groß in dir, daß dichs tötet! es ist niemand besser gerüstet auf den jüngsten Tag als wer da begehrt, ohne Sünde zu sein. Bist du in solcher Begierde, was fürchtest du dich? bist du doch dadurch mit diesem Tag einer Meinung. Er kommt, daß er von Sünden erlösen will alle, die es begehren. Nu bist du ja auch der Meinung, daß du von ihnen los sein willst. Danke Gott, blei­be und fahre fort in dieser Meinung! Christus spricht, seine Ankunft sei eine Erlösung. Aber siehe zu und betrüge dich nicht selbst, wenn du sprichst, du wolltest gern ohne Sünde sein und den Tag nicht fürchten. Vielleicht ist dein Herz falsch und du fürchtest ihn, nicht weil du gern ohne Sünd wärst, sondern nur, weil du seinetwegen nicht frei und sicher­sündigen kannst. Da sieh zu, daß nicht das Licht in dir Finsternis sei. Denn ein Herz, das wahrhaftig die Sünde gern los wäre, das freut sich gewiß dieses Tages, der ihm seine Begierde erfüllen wird. Freut sichs aber nicht, so ist keine gründliche Begierde da, von Sünden los zu sein. Darum müssen wir vor allem Haß und Scheu vor dieser Ankunft ablegen und Fleiß anwenden, daß wir mit ganzem Ernst gern die Sünden los wären. Wenn das getan ist, dann können nicht allein sicher auf diesen Tag warten, sondern auch mit ganzer Begierde und Freude darum bitten und sprechen: dein Reich komme, dein Wille geschehe. Und hierbei mußt du dein Dünken und Fühlen fahren lassen und dich an die tröstlichen Worte Christi halten und es ganz auf sie wagen. Wie könnt er dich lieblicher ermahnen und ermannen, trösten und stärken? Wenn er sagt, du solltest nicht erschrecken, was ists andres als daß er gebietet, du solltest getrost sein und solch Zeichen mit Freuden erkennen? Zum andern heißt er dich fröhlich aufsehen, zum dritten: das Haupt aufheben, zum vierten nennt ers deine Er­lösung. Was soll dich trösten und stärken, wenn dich solche Worte nicht stärken? Meinst du, er wolle dich belügen und betrügen zu falscher Zuversicht? Lieber, laß solche Worte nicht vergebens gesagt sein, dank Gott und verlaß dich drauf. Es ist sonst kein Rat noch Trost mehr vorhanden, wenn du diese Worte in den Wind schlägst. Es ist nicht deine Verdammnis, sondern deine Erlösung, spricht Christus tröstlich. Willst du dir selbst diese Worte umkehren und sagen, es sei nicht deine Erlösung, sondern deine Verdammnis? fliehst deine eigene Seligkeit, kannst Gott nicht grüßen, der dir begegnet, noch ihm danken, der dich grüßt?

Ohne Zweifel hat er solch tröstliche Worte auch den Kleinmütigen zugut gesagt, welche wohl fromm und zum jüngsten Tag bereit sind und doch vor allzugroßer Furcht sich ängsten und selbst hindern an der Begierde nach dieser Ankunft. Besonders am End der Welt finden sich viele solche. Drum nennt ers ihre Erlösung. Denn am End der Welt, wo die Sünd aufs allergreulichste die Oberhand haben und neben der Sünd das andre Übel, die Strafe der Sünde, mit Pestilenz Krieg Teuerung auch Oberhand haben soll, ist den Gläubigen ein starker Trotz und Trost nötig gegen beides Unglück, Sünde und Strafe. Darum führt er das liebliche Wort Erlösung, welches alle Herzen gern hören. Was ist Erlösung? wer wollt nicht gern erlöst sein? wer sollt Lust haben, zu bleiben unter solchem wüsten Wesen der Sünde und der Strafe? wer sollt nicht billig ein Ende solchen Jammers, solcher Gefahr der Seelen, solchen Verderbens der Menschen wünschen? zumal Christus uns so lieblich davon weglockt und tröstet? Die heillosen Traumprediger sind zu strafen, welche mit ihrem Predigen den Herzen diese Worte Christi verbergen, den Glauben davon abwenden, die Leute mit bloßem Schrecken fromm machen und darnach durch eigene Werke und Genugtun für die Sünde zu diesem Tag bereiten wollen. Da muß ja lauter Verzagen Fürchten und Erschrecken bleiben und wachsen und damit Haß Scheu und Widerwillen gegen diese Ankunft Christi d.h. Gottesfeindschaft in den Herzen aufgerichtet werden. Denn sie stellen sich Christus nicht anders vor als nur wie einen strengen Richter, den sie mit ihren Werken stillen und gefällig machen sollen, und halten ihn nicht für einen Erlöser, wie er selber sich hier nennt und erbietet, auf den wir im festen Glauben warten sollen, daß er uns durch lauter Gnade erlöse von Sünden und allem Übel. Siehe, so geht es allezeit: wenn man das Evangelium nicht recht predigt und nur mit Geboten und Drohen die Herzen jagt, so treibt man sie nur weiter von Gott und macht sie nur unwillig auf Gott. Schrecken soll man, aber nur die Halsstarrigen und Verstockten, darnach aber auch wieder stärken und trösten, wenn sie furchtsam und zaghaft worden sind.

Aus diesem allem sehen wir, wie wenige Menschen das Vaterunser beten, wiewohl es in aller Welt ohne Unterlaß unzähligemal gebetet wird. Denn es sind derer gar wenige, die nicht lieber wollten, dieser Tag käme nie. Das heißt aber nichts andres, als daß Gottes Reich nicht kommen soll. Also betet ihr Herz gegen ihren Mund. Gott richtet nach dem Herzen, sie aber nach dem Mund; darum stiften und halten sie viele Gebete, plärren alle Kirchen voll in aller Welt, und nennen es alles gebetet, obwohl es im Grund nicht anders lautet als so: dein Reich komme ja nicht oder komme ja noch nicht! Sage mir: ist solch Gebet nicht eine rechte Gotteslästerung? ein Gebet, von dem Psalm (109,7) sagt: sein Gebet soll zur Sünde werden? Dennoch läuft jetzt aller Welt Gut und Geld dahin, daß nur ja alle Winkel solcher Lästerung voll werden, die sich Gottesdienst nennt.

Wer aber solche Furcht an sich fühlt, der soll nicht verzagen, sondern sie weislich gebrauchen. Der aber braucht sie weislich, der sich die Furcht ein Treiben und Vermahnen dazu sein läßt, um Gnade zu bitten, daß die Furcht von ihm genommen und Lust und Verlangen zu diesem Tag ihm gegeben werde. Denn Christus hat verheißen (Mt. 7,7), was wir bitten, das sollen wir emp­fangen. Darum sind solche furchtsamen Leute näher bei ihrem Heil als die Ruchlosen und Hartsinnigen, die sich des Tages weder fürchten noch trösten. Denn wenn sie auch noch nicht Lust und Verlangen darnach haben, so haben sie doch ein Treiben und Vermahnen, um Lust und Verlangen zu bitten. Der aber braucht die Furcht unweislich, der sie nur mehrt und darin bleibt, als könnt er sich dadurch von Sünden reinigen; aber daraus wird nichts, denn nicht die Furcht, welche ausgetrieben werden muß (1. Joh. 4,18), sondern die Liebe, welche bleiben muß (1. Kor. 13,13), vertilgt alle Sünde, wie Petrus spricht (1. Petr. 4,8). Die Furcht aber soll treiben, solche Liebe von Gott zu suchen und zu bitten. Denn wo sie nicht ausgeht, da widersteht sie Gottes Willen und deiner eigenen Erlösung und ist eine Sünde gegen den heiligen Geist. Freilich ist nicht nötig, daß der Mensch ganz und gar ohne Furcht ist. Denn es bleibt immer (ein Stück) Natur in uns, die schwach ist und nicht ohne Furcht vor Tod und Gericht bestehen kann. Aber der Geist soll doch oben liegen, wie Christus spricht (Mt. 26,41): der Geist ist geneigt, aber das Fleisch ist krank.

Und er sagte zu ihnen ein Gleichnis usw. Das sind lauter Trostworte. Er gibt nicht ein Gleich­nis von Herbst und Winter, wo alle Bäume kahl werden und betrübte Zeit angeht, sondern vom Lenz und Sommer, wo eine fröhliche lustige Zeit ist und alle Kreaturen aufgehn und fröhlich sind. Damit lehrt er uns ja klar genug, daß wir uns des jüngsten Tages mit solcher Lust und Begierde versehen und trösten sollen, wie sich alle Kreatur auf Lenz und Sommer freut. Was sollte sonst dies Gleichnis, wenn er uns nicht dies mit ihm hätte lehren wollen? Er hätte gewiß ein andres gefunden, in dem keine solche Freude und Lust ist. Außerdem spricht er nicht: es ist nah eure Hölle und Verdammnis, sondern: das Reich Gottes. Was heißt das, daß Gottes Reich nahe ist, andres als daß unsre Erlösung nahe ist? Das Reich Gottes sind ja wir selbst, wie er sagt Lk. 17 (V. 21): sehet, das Reich Gottes ist inwendig in euch selbst. Darum naht sichs dann, wenn wir bald erlöst werden sollen von Sünden und Übel. Denn in diesem Leben fängt es an im Geist, aber weil wir noch mit den Sünden streiten und viel Übel leiden müssen und der Tod noch vor uns ist, so ist das Reich Gottes noch nicht vollkommen; das soll der jüngste Tag tun und nicht in diesem Leben geschehen. Darum, lieber Mensch, sieh dein Leben an, erforsche dein Herz, wie es gesinnt ist gegen diesen Tag. Verlaß dich nicht auf dein gutes Leben, es wird dir bald zuschanden, sondern denke an deinen Glauben und stärke ihn, damit du nicht mit den Verdammten und Verkehrten vor diesem Tag erschrickst, sondern ihn begehrst als deine Erlösung und das Reich Gottes in dir. Und wenn du ihn nennen hörst oder dran denkst, soll dein Herz tanzen vor Freuden und sehnlich nach ihm verlangen. Wenn du dich nicht dahin aufrichtest, so denke nur nicht, daß du bestehen wirst, wenn du auch die Werke aller Heiligen hättest.

Wahrlich, ich sage euch, dies Geschlecht wird nicht vergehen, bis daß alles geschehe; Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen. Warum macht der Herr seine Worte so fest und teuer und bekräftigt sie so über die Maßen hart mit Gleichnissen, mit Eiden, mit Wahrzeichen von dem Geschlecht, das bleiben soll, und von Himmel und Erde, die eher vergehen sollen? Das geschieht, wie droben gesagt, weil alle Welt so sicher sein und die Zeichen mit sehenden Augen so sehr verachten wird, so daß keine Gottesworte so verachtet gewesen sind, als diese verachtet sein werden, die den jüngsten Tag verkündigen und vorzeichnen. Es wird vor aller Welt scheinen, als wärens die Zeichen nicht, und wenn man sie auch sieht, so wird man doch nicht glauben, so daß auch die Auserwählten an solchen Gottesworten und Zeichen zweifeln könnten, so daß der Tag wirklich eben dann kommt, wenn die Welt ganz sicher ist, und sie in einem Augenblick höchster Sicherheit von ihm übereilt wird, wie von St Paulus oben gesagt ist (1. Thess. 5,2f.). Darum will Christus uns gewiß machen und aufwecken, daß wir ja gewiß des Tages warten, wenn die Zeichen kommen. Und wenn die Zeichen auch ungewiß wären, so laufen doch die keine Gefahr, die sie für gewiß halten, wohl aber die, die sie verachten. Darum laßt uns aufs Gewisse setzen und die obengenannten Zeichen für die rechten halten, damit wir nicht mit den Geistlosen anlaufen: fehlen wir, so haben wirs doch getroffen, fehlen aber die andern, so wirds gefehlt mit ihnen bleiben.

Dies Geschlecht nennt er die Juden. Dieser Spruch zwingt klar dazu, daß die allgemeine Rede nicht wahr ist, als ob die Juden alle Christen würden. Man führt den Spruch Joh. 10 (V. 16) dazu an: es wird eine Herde und ein Schafstall werden. Dieser Spruch ist dadurch erfüllt, daß die Heiden zu den Juden traten und Christen wurden zur Zeit der Apostel, nicht dadurch, daß die Juden zu den Heiden treten. So legt auch Augustinus vielmal aus, auch die Worte Christi selbst ergeben es, indem er spricht: ich habe noch andre Schafe, die sind nicht aus diesem Schafstall, die muß ich auch holen, und sie werden meine Stimme hören und wird ein Hirte und ein Schafstall werden. Hier siehst du klar, daß er von den Heiden redet, die zu dem jüdischen Schafstall gekommen sind. Darum ist der Spruch längst erfüllt. Aber hier spricht er: dies Geschlecht soll nicht vergehen, bis ans Ende d.h. Juden, die Christus gekreuzigt haben, müssen bleiben zum Wahrzeichen. Und wenn auch viele bekehrt werden, so muß doch das Geschlecht und die Art überbleiben.

Es haben sich auch etliche darum bemüht, wie Himmel und Erde vergehen sollen. Sie nehmen den blinden Heiden Aristoteles zu Hilf, der muß ihnen Christi Worte auslegen, und sagen, Himmel und Erde vergehen nicht nach dem Wesen, sondern nach der Gestalt. Sie wissen viel, was sie sagend Wenn sie es so verstünden, daß Himmel und Erde immer etwas bleiben würden, so wär es wohl recht. Aber laß die Blinden fahren. Du sollst wissen: gleichwie unsere Leiber auch nach dem Wesen verwandelt und doch dieselben auch wieder nach dem Wesen (neu) gemacht werden, so wird Himmel und Erde am jüngsten Tag mit allen Elementen und allem was ist durchs Feuer zerschmolzen und zerpulvert werden samt aller Menschen Körper, so daß nichts als lauter Feuer allenthalben sein wird, und alsbald darauf wird alles wiederum neu aufs aller­schönste geschaffen werden, so daß unsre Körper hell leuchten werden wie die Sonne und die Sonne sieben mal Heller als jetzt. Davon spricht 2. Petr. 3 (V. 10-13): des Herrn Tag wird kommen, an welchem die Himmel mit großem Sturm zergehen und die Elemente vor Hitze zerschmelzen und alles Bauwerk auf Erden zu Pulver werden wird; aber wir warten eines neuen Himmels und einer neuen Erde nach seiner Verheißung, darin wird die Ge­rechtigkeit wohnen. Auch St. Paulus bezeugt (1. Kor. 3,13), daß der jüngste Tag im Feuer wird offenbar werden. Desgleichen Jes. 30 (V. 26): das Licht des Monds wird sein wie das Licht der Sonne und das Licht der Sonne wird siebenfältig sein gleichwie ein Licht von sieben Tagen zu der Zeit, wenn Gott seines Volks Wunden verbinden und dasselbe von seiner Verletzung heilen wird. Desgleichen Jes. (65,17f.): seht, ich schaffe einen neuen Himmel und eine neue Erde und der vorigen wird nicht mehr gedacht werden, sondern ihr werdet euch freuen und springen ewiglich in denen, die ich schaffe. Darum ist es ein Vergehen nicht allein nach der Gestalt, sondern auch nach dem Wesen, es sei denn du wolltest das nicht verwest heißen, was zu Pulver wird, so daß mans nicht mehr finden noch sehen kann, wie die verbrannten Körper zu Asche und zunicht werden.

Wo bleiben aber derweil unsre Seelen, wenn an allen Orten der Kreatur lauter Feuer sein wird und kein Boden noch Raum? Antwort: Lieber, sage mir doch: wo sind sie jetzt? oder wo sind sie, wenn wir schlafen, wo sie nichts wissen, was außen am Leib und allen leiblichen Kreaturen geschieht? Meinst du, Gott vermöge die Seelen nicht so in seiner Hand zu bewahren, daß sie gar nicht gewahr werden, wie Himmel und Erde zu Pulver wird? oder meinst du, er müsse einen leiblichen Stall dazu haben, wie ein Hirt für seine Schafe? Es ist genug, daß du weißt: sie sind in Gottes Händen und nicht im Schoß oder Raum der Kreatur. Und davon, daß du nicht weißt, wie das zugeht, laß dich nicht beirren. Du hast ja auch noch nicht erlernt, wie das zugeht, wenn du einschläfst oder aufwachst. Du weißt nicht, wie nah dir Schlaf und Wachen ist, mit denen du doch täglich umgehst, wie wolltest du jenes wissen? es heißt: Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist. Dabei bleibts. Indessen werden Himmel und Erde neu und unsre Leiber auch und werden wieder lebendig zur ewigen Seligkeit. Wenn wir wüßten, wie die Seelen behalten werden, so wäre der Glaube aus. Aber nu, da wir fahren und wissen nicht wohin und wagens auf Gott und in seine Hände, besteht der Glaube in seiner Würde.

Zum letzten müssen wir auch ein wenig nach der geistigen Deutung (Allegorie) dieses Evangeliums sehen. Die Sonne ist Christus, der Mond die Kirche, die Sterne die Christen. Die Kräfte der Himmel sind die Prälaten oder Planeten in der Kirche. Die leiblichen Zeichen bedeuten gewiß, wie es schon längst in der Christenheit gegangen ist und noch geht, denn sic folgen dem Verdienst der Sünden nach, sie drohen und bezeichnen die Strafe über die Sünden. Daß die Sonne den Schein verliert, bedeutet ohn Zweifel, daß Christus nicht leuchtet in der Christenheit d.h. das Evangelium wird nicht ge­predigt, der Glaube erlischt, es ist kein Gottesdienst mehr da. Das geschieht und ist geschehen durch Menschenlehre und -werk. Der Papst sitzt an Christi Statt in der Kirche und leuchtet mit seinen Bischöfen Pfaffen und Mönchen wie ein Dreck in der Latern. Sie sinds, die uns die Sonne verfinstert haben und statt des rechten Gottesdiensts einen Götzen- und Possendienst aufgerichtet haben mit Platten Kutten Kleidern, pfeifen läuten singen klingen usw. O Finsternis, o Finsternis! Daraus mußte folgen, daß auch der Mond keinen Schein gibt d.h. da der Glaube erlosch, mußte auch die Liebe erlöschen: man sieht kein christlich Werk mehr, findet kein Exempel, daß einer dem andern dient, sondern das Volk wird nur zu Götzen- und Possenwerk verführt, nämlich zu Stiftungen Messen Vigilien Altären Kapellen Glocken Kelchen und solchem Gaukelwerk. O Fin­sternis noch einmal!

Den Fall der Sterne deut ich dahin: wenn ein Mensch getauft und Christ geworden ist und darnach ein Mönch oder Pfaff wird. Glaube mir, wer da will; wer nicht will, der laß es; ich weiß, was ich sage. Ich sage nicht, daß sie alle verloren werden, Gott kann wohl im Feuer erhalten, wen er will. Aber das sag ich: wer Pfaff oder Mönch werden will in der Meinung, einen seligen Stand anzunehmen, der tritt vom christlichen Glauben in den Unglauben. Denn der Sterne Fall bedeutet nicht die groben Fälle wie Mord Unkeuschheit Diebstahl, sondern den Fall im Glauben. Pfaffen und Mönche sind, wenn Gott kein Wunder tut, in bezug auf ihren Stand gewiß abtrünnige Christen und Christusleugner, so daß kein ärger Volk auf Erden ist. Die Türken sind auch Unchristen, aber in zwei Stücken sind sie besser als diese: sie sind nie Christen oder Sterne gewesen, auch nicht vom Glauben abgetreten, zum andern sündigen sie nicht gegen die Sakramente. Aber dies Volk macht aus der Messe ein Opfer und gut Werk und tut das täglich und unzähligemale, welches doch die allergreulichste Verkehrung ist, die von der Son­ne beschienen wird. Kurz, wer durch Werk und geistlichen Stand fromm und selig werden will, der tritt vom Glauben und fällt vom Himmel. Denn allein Christi Blut muß uns fromm und selig machen. Darum wenn du einen Stern fallen siehst, so wisse, daß das heißt Pfaff Mönch oder Nonne werden.

Daß aber die Leute verschmachten vor Gedränge bedeutet die Marter, die des Papsts Heilige und gefallene Sterne haben. Denn sie tun große Dinge und ihr Gewissen hat doch nie Friede, wie denn die ganze Schrift ihr Wesen Mühe und Arbeit nennt.

Das Brausen der Winde und Rauschen der Wasser bedeutet die weltlichen Stände von oben bis unten: da ist kein Fürst, kein Land mit dem andern eins, da ist keine Treue noch Zuversicht untereinander, ein jeglicher ist auf das Seine gerichtet. Darum ist auch keine Strafe, keine Zucht, keine Furcht auf Erden und geht alle Welt dahin in Fressen und Saufen, Unkeuschheit und allen Lastern, daß es saust und braust.

Die Kräfte der Himmel sind unsre Planeten, unsre geistlichen Junker und Tyrannen, nämlich Papst Bischöfe und ihre Gesellen, die Hohen Schulen, die so tief in weltlich Regiment Gut Ehre und Lust eingesessen sind mit aller Sicher­heit, daß sie meinen, sie wären keine Planeten d.h. Irrige. Denn Planeta auf griechisch heißt ein Irriger, der nicht den rechten Weg geht, sondern nur hinter sich und zu beiden Seiten wie die Planeten am Himmel. Das legen die Deutschen mit dem Sprichwort aus: die Gelehrten die Verkehrten d.h. geistlich Regiment sind lauter Planeten. Da nu aber das Evangelium aufgeht und ihnen ihre Tugend anzeigt und sie mit ihrer eigentlichen Farbe färbt, daß es nämlich ungelehrte Götzen und Seelenverführer sind, wollen sie zornig werden und be­wegen sich und machen eine Konstellation, treten zusammen, wollens mit Bullen und Papier schützen, drohen eine große Sintflut. Aber es will und wird ihnen nichts helfen. Der Tag bricht an, den kann man nicht unter einen Scheffel stürzen, als wär er ein Wachslicht.

Das Gleichnis vom Feigenbaum sieht mir aus, als wäre es die heilige Schrift, die bisher unter der Bank gelegen hat. Die schlägt jetzt aus, hat Blätter bekommen d. h. ihr Wort bricht aus. Denn in zwölfhundert Jahren ist sie nicht so weit herausgekommen, auch die Sprachen sind nicht so bekannt ge­wesen. Es ist mir aber kein Zweifel, daß die Schrift ein Feigenbaum ist. Das ist leicht zu beweisen, denn es sind die Feigenblätter, mit denen sich Adam und Eva deckten; denn der alte Adam gebraucht die Schrift immer, um sich damit zu schmücken. Also muß das Buch hervor, die Blätter müssen grünen und es hilft nicht, daß sich die Planeten derwegen sehr bewegen. Der Sommer ist nicht fern. Wollt Gott, die Frucht folgte den Blättern auch; ich sorge, es könnte nur bei den Blättern bleiben! Denn wir reden viel vom rechten Glauben, tun aber nichts.

Das sei genug von Deutungen. Wer weiter will, hat hiermit Ursach und Anfang, weiterzudenken. Aber die Planeten sollen hiervon nichts glauben mit ihren Rotten, damit ja die Schrift recht behalte, die ihnen große Sicherheit und Verachtung aller Gottesworte, -werke und -Zeichen zuschreibt.

Aus der Adventspostille von 1522 (WA 10 I/2, S. 93-120).

Quelle: D. Martin Luthers Evangelien-Auslegung, hrsg. v. Erwin Mühlhaupt, Dritter Teil: Markus- und Lukasevangelium, Göttingen: Vandenhoeck, 41968, S. 353-371.

Hier der Predigt als pdf.

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