Der Landesbischof
der Evang.-Luth. Kirche in Bayern r.d.Rheins
An die München, den 20. Juni 1938
aktiven Herren Geistlichen
der Landeskirche.
Meine lieben Amtsbrüder!
Im Einvernehmen mit dem Landeskirchenrat und nach Anhören des Landessynodalausschusses habe ich unter dem 18. Mai 1938 das Gesetz über den Treueid der Geistlichen erlassen. Es soll im Laufe der nächsten Wochen vollzogen werden. Da ich aus vielerei Äußerungen, die mir zugegangen sind, weiß, wie sehr die Eidesfrage die Gewissen vieler Amtsbrüder bewegt, will ich gerne ein Wort zu dieser Frage an Euch richten.
Im voraus weise ich auf die wichtige Tatsache hin, daß mir in allen Aussprachen und Beratungen, die ich über die Frage zu führen hatte, die grundsätzliche Bereitschaft entgegentrat, den Eid zu leisten. Niemand auch nahm Anstoß daran, daß ein Teil der Geistlichen den Eid in ihrer Eigenschaft als Religionslehrer bereits geleistet hat, und niemand wollte den ungezählten evangelischen Beamten, die vereidigt worden sind, das gute Gewissen bei der Eidesleistung absprechen.
Die geäußerten Bedenken waren meist theologischer oder kirchenpolitischer Art. Zur Klärung der entstandenen Zweifel und zur Behebung der vorhandenen Bedenken stelle ich folgendes fest:
1. Der Eid wird geleistet auf Grund der in § 174 DBG. den öffentlichen Religionsgesellschaften erteilten Ermächtigung. Eine ausdrückliche Beauftragung, wie sie etwa in Hamburg der dortige Reichsstatthalter dem Landesbischof erteilt hat, liegt in Bayern nicht vor. Es darf aber aus dem Sinn des Gesetzes heraus, wie aus mancherlei Besprechungen mit staatlichen Stellen als erwiesen angesehen werden, daß eine bestimmte Erwartung des Staates in dieser Hinsicht vorhanden ist. Auf jeden Fall würde der Staat aus der Unterlassung seine bestimmten Folgerungen ziehen.
2. Zu der Frage, ob der Landesbischof sich vom Staat zur Anordnung und Abnahme des Eides überhaupt ermächtigen lassen darf, verweise ich auf A.C. Art. 28, wo von den Vollmachten der Bischöfe die Rede ist, die sie nicht als Bischöfe aus göttlichen Rechten, sondern aus menschlichen kaiserlichen Rechten haben. Keinesfalls greift eine Kirchenregierung in ein fremdes Amt, wenn sie eine vom Staat erteilte Ermächtigung annimmt.
3. Der zu leistende Eid wird als christlicher Eid geleistet entsprechend der Erklärung der V.L. [Vorläufigen Leitung der DEK], welche unter dem 12. XII. 1934 an die Staatsbehörden ging und welche durch Veröffentlichungen mancherlei Art auch den Gemeinden bekannt geworden ist. Die damals abgegebene Erklärung lautet:
„Der unter Anruf Gottes dem Führer Adolf Hitler geleistete Eid gibt der Treue- und Gehorsamsverpflichtung den Ernst der Verantwortung vor Gott und damit ihre rechte Begründung. Er schließt durch die Berufung auf Gott ein Tun aus, das wider das in der Heiligen Schrift bezeugte Gebot Gottes ist. Damit halten wir uns an das Wort des Herrn: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist“ und an die apostolischen Auslegungen: „Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen“ und „Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat“.
Bei der Übersendung des Gesetzes über den Treueid der Geistlichen an das Bayer. Staatsministerium für Unterricht und Kultus habe ich auf diese Erklärung der Vorläufigen Leitung ausdrücklich Bezug genommen.
4. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß das von den Geistlichen abgelegte Ordinationsgelübde durch den Eid unberührt bleibt. Der Eid fordert nichts, dem das Ordinationsgelübde entgegenstünde, und das Ordinationsgelübde fordert seinerseits nichts, was dem Eide entgegenstünde. Kur eine falsche Auslegung des Eides oder des Ordinationsgelübdes könnte den Konflikt herbeiführen.
5. Ein Mißbrauch des Eides zu kirchenpolitischen Zwecken wird von uns abgelehnt. In einer persönlichen Aussprache mit dem Leiter des bayer. Staatsministeriums für Unterricht und Kultus habe ich dies ausdrücklich festgestellt.
6. Der Eid wird von dem Geistlichen als Träger eines öffentlichen Amtes geleistet. Bei dem Begriff Amtspflichten ist daher zunächst an die Funktionen des Geistlichen gedacht, die sich aus der Eigenschaft unserer Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechtes ergeben (z.B. öffentliche Beurkundungen, Verwaltung von Stiftungen, Tätigkeit im Rahmen staatlicher Schulen u.a.), wie das auch der Herkunft der Eidesformel aus dem DBG. entspricht. Weiter wird in dem Eid als Treueid die im Ordinationsgelübde enthaltene vaterländische Verpflichtung des zur öffentlichen Verkündigung berufenen Geistlichen feierlich in Richtung auf den Staat ausgesprochen.
Ich weiß, daß durch die Verlautbarungen einiger Deutschchristlicher Kirchenleitungen (die übrigens inzwischen selbst in Sachsen wesentlich abgeschwächt worden sind) viel Verwirrung in die Reihen unserer Geistlichen hineingetragen worden ist. Aber zuletzt entscheidend kann nicht sein, was diese oder jene einzelne Stelle in tendenziöser Absicht über den Eid sagt, sondern die Tatsache, daß der Eid nicht mehr von uns verlangt, als was wir, unter dem 4. Gebot stehend, ohnedies der Obrigkeit unseres Volkes schuldig sind, und was wir, um des Wortes Gottes und des Gewissens willen, auch gerne leisten wollen. Daß es nötig ist, solches in der feierlichen Form eines Eides zu bekräftigen, ist der Tribut, den wir dafür zu zahlen haben, daß wir in einer Welt der Sünde und der Unwahrhaftigkeit leben. Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß wir das, was wir im Eid aussprechen, aus aufrichtigem Herzen geloben. Wir bitten Gott nur um das eine, daß er uns die Kraft und die Standhaftigkeit verleihe, in allen Lagen zu dem zu stehen, was wir beschworen haben.
In amtsbrüderlicher Verbundenheit
D. Meiser
Quelle: Karl Steinbauer, Einander das Zeugnis gönnen, Bd. 3, Erlangen 1985, S. 148-153.
die Aufarbeitung des Problems Kirche und Politik ist unendlich und grauenhaft (MA,Ketzer und Hexenverbrennungen,Diener der Mächtigen,einem Papst unterworfen oder in hunderte evangelikale Gruppen aufgespalten,von denen alle denken,nur sie hätten recht—–vielleicht liegt die Lösung eher in einer toleranten Glaubensbetrachtung,mit Anerkennung verschiedener Interpretaionen von Bibel und anderen Heiligen Büchern,letztlich das hohe Lied auf eine Gemeinschaft unter einem Grundgesetz oder bill of rights,weil Ethik sich im Verlauf von tausenden Jahren ändert,mit Ausnahme des absoluten Gebots einer selbstlosen Liebe und Vergebung als lebensstiftenden Geist